Karl or Karla goes to Cinema

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Moderator: jogiwan

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karlAbundzu
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Re: Karl or Karla goes to Cinema

Beitrag von karlAbundzu »

12.7.2020, 20 Uhr, Cinema Ostertor
Weird Xperience präsentiert:

Hausu (1977)
R: Nobuhiko Ōbayashi; D: Kimiko Ikegami, Yōko Minamida, Miki Jinbo, Kumiko Ōba, Ai Matubara, Mieko Satō, Eriko Tanaka, Masayo Miyako, Kiyohiko Ozaki, Saho Sasazawa, Haruko Wanibuchi, Asei Kobayashi, Fumi Dan, M: Asei Kobayashi, Mickie Yoshino mit Godiego.

Die heranwachsende Schülerin Oshare freut sich auf den Sommerurlaub mit ihrem Vater. Der allerdings präsentiert die neue Frau an seiner Seite, was Oshare nicht gut findet. Ihre sechs Freundinnen freuen sich auf das Ferienlager mit dem coolen Lehrer. Das wird leider kurzfristig abgesagt. So lädt Oshare ihre Clique zu ihrer Tante in ein einsames großes Haus ein. Tantchen freut sich so viel junges Blut und Fleisch im Haus zu haben. Sobald verspeist, bringt es ihr doch neue Energie. Denn eigentlich ist Tantchen schon lange drüber, lebt sie doch nur noch, da sie auf ihren Geliebten, der aus dem Krieg (der lange vorbei ist) wieder kommen soll.
Also haben wir hier ein Familiendrama, ein bisschen Coming of age, ein bißchen Hanni und Nanni und fünf Freunde dazu. Und eben Horror: Vampir-Poltergeist-Effekte, Haus-Horror!
Aber eigentlich ein durchgeknallter Ritt durchs Hinterland japanischer Psychedeliker.
Die Personen sind glatte Bilder, die Effekte hinreißend, die Musik toll, was da passiert, weht den Bürgern vom spitzen Kopf den Hut. Ich staunte und lachte und will niemals eine dicke weiße Katze haben.
Wirklich einzigartig. In einzelnen Bildern wurde ich an Lynch und Kirberg erinnert.
Ein Feiern des Lebens und des Sterbens. Ein Abgesang auf die konventionelle Zweierbeziehung. Oder so.
Unbedingte Empfehlung!
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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karlAbundzu
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Re: Karl or Karla goes to Cinema

Beitrag von karlAbundzu »

21.7.2020, City46, 20 Uhr

FREIES LAND (2019)
R: Christian Alvart, D: Trystan Pütter, Felix Kramer, Nora Waldstätten, Ben Hartmann, Ludwig Simon, Uwe Dag Berlin, Leonard Kunz, Michael Specht, Marc Limpach, Alva Schäfer, Nurit Hirschfeld, Alexander Radszun, Marius Marx; M: Christoph Schauer
1992 Ostdeutschland. Zwei Schwestern sind verschwunden. Der strafversetzte Hamburger Patrick Stein und der Görlitzer Markus Bach werden darauf angesetzt und dringen in einen Sumpf aus Mord, Vergewaltigung, Folter, Drogenschmggel und hastenichtgesehen ein.
Deutschland 1992, die blühenden Landschaften sind noch weit weg und nur ein hoffnungsloses Versprechen, alle junge Leute wollen weg. Der Osten ist trüb und voller rauher Menschen und Geschehnissen.
Christian Alvart hat sich hier den großen La Isla Minima-Möderland genommen und auf die deutschen Beziehungen drübergelegt. Und wie es ihm gelingt, die sumpfige hitzige Atmosphäre Spaniens auf die winterliche Seenlandschaft irgendwo im Osten passend zu übertragen, alle Achtung. Und das mit beinahe den gleichen Einstellungen.
Ansonsten hält er sich sehr nahe am Original, die Story sehr gekonnt übertagen auf die Verhältnisse. Aber eben trotz der heftigen Handlung ruhig und langsam und atmosphärisch erzählt. Mit gutem Cast, als Kollegen wider Willen hier Trystan Pütter und Felix Kramer.
Die Frage, die ich mir bei Ami-Remakes immer Stelle, braucht es das? Stellt sich auch hier, und gut, das Original reicht auch, hier hat man allerdings noch einen schönen Kommentar zu hiesigen Verhältnissen. Und: Der Soundtrack ist auch super.
Also: Kommt sehr gut im Kino, Empfehlung.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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karlAbundzu
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Re: Karl or Karla goes to Cinema

Beitrag von karlAbundzu »

9.8.2020 20 Uhr Cinema Ostertor
Weird Xperience präsentiert:
BLISS (2019)
R: Joe Begus, D: Dora Madison, Tru Collins, Rhys Wakefield, Jeremy Gardner, Graham Skipper, Chris McKenna, Rachel Avery, Mark Beltzman, George Wendt, Abraham Benrubi; M: Steve Moore
Junge Frau, Malerin, kommt mit ihrem Bild nicht weiter, was schon einer Galeristin versprochen ist, Ärger mit Vermieter, Ärger mit ihren Agentin, Freund tendentiell öde. Was geht da besser als den heftigsten Stoff der Stadt einzufahren, einen drauf zu machen, feiern, mit einer lieben Freundin und ihrem Typen rumzuvögeln. Filmrisse inbegriffen. Doch irgendwie hat sie sich verändert, die künstlerische Blockade ist vorbei, die Erlebnisse werden wiederholt und es wird noch abgefahrener und heftiger, das Verlangen nach Blut und kreativer Ausfluss werden stärker....

Hui, was haben wir hier für in dreckiges Stück Film. Liest sich erst mal nicht besonders originell. Kreative Blockaden einerseits und die Verbindung Vampirismus/Drogensucht waren ja schön häufiger Thema. Aber Begus läßt sich von den richtigen inspirieren (Fulci, Noe, Ferrara), hat gleichzeitig einen Hang zu Nostalgischem, so ist schön körnig auf 16mm gedreht, was allerdings auch ästhetisch sehr gut passt. Und läßt es in den 00ern spielen, wenn ich die Klapphandys so richtig deute. Und auch das passt. Es ist auch eine Beschreibung des Slackertums, nachdem es ihre Unschuld verloren hat. Jeder hat irgendwie mit Kreativem zu tun nd/oder mit Drogen. Aber das Feine Naive Intelektuelle hat sich verloren und ist dem Hdonismus und Grenzverschiebenen gewichen.
So fängt der Film auch wie ein Slackerfilm an: Rumärgern, rumfahren, trotzdem korrekt, zu netten Dealer. Doch gleich der erste Trip bricht sich irgendwann nach längerer Anfahrt mit quatschen und selbstdarstellen in Sex auf, später in Gewalt und alles wird anders, und wir sind eher in einer Neben-Welt.
Dazu ein brillanter Score vom Tausendsassa Steve Moore und klasse Songauswahl. Wenn ich die Nymphs (auch durch deren Geschichte als spät verbrannte Grunge-Band passend) im Vorspann höre: Alles gut. Später dann Hardcoriges, Metalliges mit Gothicen Untertönen, bei Bauhaus entliehen. Ein Zuseher meinte nachher zu mir, dass war wie ein sehr geiles Video zu sehr geiler Musik.
Dazu ein Wiedersehen mit Abraham Benrubi (Parker Lewis, ER) und George Wendt (Cheers, House).
Sex, Musik, Gewalt: Klare Empfehlung!
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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karlAbundzu
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Re: Karl or Karla goes to Cinema

Beitrag von karlAbundzu »

23.8.2020 19:30
Cinema Ostertor

EXL (2020)
R: Visar Morina, D: Mišel Matičević, Sandra Hüller, Rainer Bock, Susanne Bredehöft, Piet Fuchs, Stephan Grossmann, Franziska Hartmann, Konstantin Lindhorst, Thomas Mraz, Uwe Preuss, Sybille J. Schedwill, Julia Schmitt, Michael Stange, Daniel Sträßer; M: Benedikt Schiefer

Das Leben eines Pharmaingenieurs in Deutschland. Xhafer findet eine aufgehängte Ratte an seiner Gartentür. Er wird von unbekannt aus wichtigen email-Verteiler genommen. Ihm werden Informationen vorenthalten. Er verdächtigt seine Frau, ihn zu betrügen. Seine eigene Geliebte setzt ihn unter Druck. Sein Ärger, seine Verdähtigungen, das Umfeld und die Reaktionen spinnen ein Netz der Scheiße um ihn herum.
Hier hatten die Ankündigungen mal wieder zu 90% Unrecht: Nichts mit Mystery, nichts mit Psycho-Thriller (OK, es ist ein Psychogramm und ab und an ist auch ein wenig Spannung drin, aber dann doch kein "wer macht was"-Spannung), nichts mit Integrationsfilm. Klar, Xhafer vermutet ausländerfeindliche Gründe hinter einigem und ihm passieren auch immer wieder Alltagsrassismen. Aber das eigentliche Problem ist, das er immer wieder Personen und Situationen falsch einschätzt, weil ihm Informationen und Hintergrundwissen fehlt. Nie so ganz falsch, aber effektiv daneben halt. Also paralell zu seiner Arbeit, die fehlerhaft ist, weil ihm vom Kollegen Informationen zurück gehalten werden. Eigentlich geht es allen so, nur sehen wir alles aus seiner Sicht und wie er drunter leidet. Dies scheint mir auch die Hauptaussage des Films. Das vollständige Verstehen und Nachvollziehen anderer Menschen ist so gut wie unmöglich. Nachvollziehbar.
Wir folgen wie gesagt Xhafer durch das Leben und zum Glück ist er brillant besetzt mit Mišel Matičević. Der ist wirklich interessant und zieht ein mit, obwohl er keine durchweg sympatische Rolle hat. Seine Frau mit den angedeuteten Brüchen bleibt leider blass, in den Nebenrollen glänzen Rainer Bock, Uwe Preuss und Thomas Mranz mit ihren Bürowahnsinn-Kurzauftritten.
Insgesamt verzichtet der Film auf eine Entwicklung und einen Spannungsbogen. Klar es passieren kleine und heftige Vorfälle. Aber die sind eingestreut, ist nicht gesteigert, und das führt dann doch zu mehrfacher Langeweile bei 2h Spielzeit. Manches ist toll, und Miles beeindruckt auch immer wieder. Aber nciht auf die ganze Länge.
Schön auch der Percussion und Stimmen Score von Benedikt Schiefer.
Zwiegespalten.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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3.9.2020, 19:30, Schauburg Großes Haus
TENET (2020)
R: Christopher Nolan; D: John David Washington, Robert Pattinson, Kenneth Branagh, Elizabeth Debicki, Dimple Kapadia, Aaron Taylor-Johnson, Clémence Poésy, Fiona Dourif, Andrew Howard, Wes Chatham, Himesh Patel, Martin Donovan, Anthony Molinari, Juri Kolokolnikow, Michael Caine, Jack Cutmore-Scott; M: Ludwig Göransson

Ein CIA-Agent wird aufgrund seiner Härte bei einem EInsatz in Kiew von der Geheimorganisation Tenet rekrutiert, um die Welt zu retten, die der Bösewicht Sator vernichten will. Und zwar mit einer Zeit-Inventier-Maschine, die aus neun Teilen bestand und losgeht, wenn er stirbt. Und sterben will/wird er...
Ein rasanter und trotz seiner Länge (150m) nicht langweiliger Actioner, in der Tradition der James Bond und Mission Impossible - Filme. Optisch sehr schön und die Idee mit der Zeitinvertierung und -gegenläufigkeit sehr raffiniert und technisch brillant eingesetzt. Dazu ein großartiger Geräusche-Soundtrack wie schon bei Nolan gewohnt. So weit so gut.
Doch hier noch ein paar weitere Gedanken (könnten Spoiler enthalten):
A. Anscheinend war der Plan, ein Meta -James Bond (oder eventuell auch MI-)Film zu drehen. Der namenlose Protagonist mit seinen Schlußsätzen, die englische Anspielung mit Auftritt Michael Caine (eine schöne Szene, die aber auch einfach unterm Tisch hätte fallen können). Der typische Bond Gegner mit sprechendem Namen, hinreissend von Branagh interpretiert. Das taucht aber immer nur punktuell und wie ein Fremdkörper auf, so wie es auch am Ende tut, als ob es jetzt eine Reihe von Tenet - Filmen geben wird (wo das nicht geplant ist, oder?)
B. Meine Begleitung ist eine Freundin von Zeitreisegeschichten, und checkt die meist viel besser als ich. Und die war enttäuscht, weil die Zeitreisemaschinenanteile nur zu optischen Tricks und eben nur das JB-SciFi -Gimmick waren, das die Welt vernichtet, oder alle Menschen. Das wurde auch nicht recht erklärt und eben mit viel Optik, schneller Action, Auftauchen von Rollen, bei denen man nicht weiß, ob sie nochmals auftauchen oder nicht, überspielt wurde. Oder eben nicht mehr als ein Gimmick ernst genommen wurde.
Auch die ganze Konstruktion mit wer was wann gemacht hat, machen wird oder macht ist bei genauerer Betrachtung nicht besonders haltbar.
C: Nolan bemühte sich, unterschwellig BLM mit hineinzunehmen und das auf kluge Art, dann gab es noch Klima-Politik-kritische Töne, eher sehr Holzhammer. Das dann gerade bei der größten Frauenrolle die gute alte zu rettende Prinzessin bei rauskommt , ist tatsächlich enttäuschend, da hilft es auch nicht viel, dass eine der größten Planerinnen im Hintergrund eben eine Frau ist. JB-like sind die Russen natürlich noch dem guten alten kalten Krieg Klischee entsprungen.
Fazit: Guter Actioner, brillant gefilmt, kommt aber eben nicht an die tiefen klugen Werke Nolans heran.
Ich hatte Spaß und hätte ihn gerne auf 70mm wie gedreht gesehen.
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karlAbundzu
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13.09.2020, 20 Uhr, Cinema Ostertor
Weird Xperience präsentiert:
EATEN ALIVE / Blutrausch (1977)OmU
R: Tobe Hooper; D: Marilyn Burns, Neville Brand, Mel Ferrer, Carolyn Jones, Roberta Collins, Robert Englund, William Finley, Kyle Richards, Stuart Whitman, Crystin Sinclaire, Janus Blythe; M: Wayne Bell,Tobe Hooper

Judd hat einen schweren Tag. In seinem ansonsten ruhigen selten besuchten Hotel ist die Hölle los. Es kommt eine geflohene Frau aus Miss Hatties verhasstem Bordell, dann eine derangierte Familie mit nervigem Kind, welches sich unterm Haus versteckt, dann noch Vater und Tochter, die Tochter/Schwester suchen, in Begleitung des Sheriffs. Dann noch der fiese Buck, der mit einem Mädchen ein Schäferstündchen vebringen will. Nun gut, so ist Judd mit dem Stimmen in seinem Kopf nicht allein und das Krokodil hat auch etwas zu fressen....
Oha, was ein Brett, zuletzt vor urs Jahren auf VHS gesehen, kaum noch im Gedächtnis gehabt außer die Sense und das Krokodil.
Diesmal war ich fasziniert von einigen Rollen: Der kriegsgeschädigt Judd, wie er sich beruhigt, wie er durchbricht, wie er mit seinem Krokodil kommuniziert, daraus würde andere ein 2stündigen Arthaus Film machen. Robert Englund als Buck (My name is Buck and I want to fuck), hui, was ein Fiesling, nachdem ich ihn ja gerade als liebenswerten Knuffel-ET in V sah, hier das Gegenteil. William Finley als Roy ist auch delirierend, wie die erst leicht schräge Familie als total derangiert herausstellt. Und die Frauen, schaut auf den Cast, tolltolltoll.
Und das alles in einem dreckigen gemeinen Stil gedreht, unterlegt mit Hillbilly-Musik und wirklich fiesen Geräuschen, mit Keyboard verzerrt.
Das ist nicht schön, sondern ein unangenehm dreckiger Klumpen. Eher Bahnhofskino als Multiplex.
Und mit Krokodil.
Empfehlung.
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karlAbundzu
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Re: Karl or Karla goes to Cinema

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15.10.2020, 20 Uhr, Cinema Ostertor
Weird Xperience präsentiert:
THE NIGHTINGALE (2019) OmU
R: Jennifer Kent, D: Aisling Franciosi, Sam Claflin, Baykali Ganambarr, Damon Herriman, Harry Greenwood, Ewen Leslie, Charlie Shotwell, Michael Sheasby; M: Jed Kurzel
Tasmanien bzw. Van-Diemens-Land 1825, die hübsch singende und atrraktiv aussehende Clare, Verbrecherin zur Ansiedlung in Tasmanien lebt mit ihrem Mann und Baby in einer kleinen Kate und arbeitet in der örtlichen Schänke. Dort verkehrt auch das militärische Oberhaupt und zwingt sie häufiger zum Sex. Als dieser Besuch von einem noch höheren Uniformierten bekommt, dieser die Mißstände seiner Soldaten (alles ziemliche Säufr) nicht gefällt, und daraufhin den Übeltäter nicht für höheren Aufgaben sieht, dreht er am Rad, vergewaltigt vor den Augen des Mannes Clare, läßt seine UNtergebenen auch noch ran, tötet den Mann und das Baby läßt er töten. Am frühen Morgen läuft er los, um seine Beförderung und Rettung aus dem Kaff zu retten. CLare sinnt auf Rache und engagiert den Aboriginie Billy, um die Verfolgung aufzunehmen...
Was ein unangenehmes Stück Film... In der Vorbereitung habe ich mich mit der Kolonialiesierung Tasmaniens beschäftigt, eine sehr gewaltvolle, brutale Geschichte, klar, wie jede Kolonialisierung, aber diese hier noch mal besonders roh, mit Vernichtung und Deportation aller Aboriginie Stämme, und auch eine Geschichte der Unterdrückung und Verfügbarmachung der Frauen.
Also passt das gut so. Die Rape n Revenge Story ist nie auch nur einen Moment exploitativ, sondern extrem unangenehm, auch wenn nur Blicke, Bewegungen, Gesichter gezeigt werden. Und auch alle Rollen überraschend differenziert. Auch was Clare und den Oberfiesen Hawkins angeht. Sowieso gut gespielt, auch das Schauspiel Debut von Baykali Ganambarr als Billy ist kraftvoll. Dazu die düsteren Bilder aus dem Dschungel, guter Score angereichert um irische Weisen und Aboriginie-Gesänge. Kamera toll.
Also Rape *n* Revenge, akkurater Historienfilm, irgendwie auch ein 2-Freunde-Film.
Die Handlung hätte vorher schon zwei dreimal vrbei sein können, und ich wunderte mich, dass noch weiter erzählt wurde, was aber nicht störte, aber dieses unangenehme Gefühl in der Magengegend verstärkte.
Und: Im Original gucken, das ist schon auch Sprachengewirr. English/Tasmanisch/Irisch.
Leider erinnerte mit Hawkins an einen Freund, der natürlich charakterlich das genaue Gegenteil ist, sah fast gleich aus, schlimm.
Empfehlung: Einmal sehen, großartig. Aber gehört zu diesen Einmal reicht-Filmen!
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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karlAbundzu
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Re: Karl or Karla goes to Cinema

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Liebes Filmtagebuch,
leider gibt es ja wenig Anlass, dir etwas zu berichten. Obwohl die Kinos jetzt ja eine zeitlang offen hatten, war ich doch viel zu wenig da, manchmal aus Bedenken, manchmal weil das Kino wenig bot. Trotzdem komisch, wo doch anderes an Freizeitprogrammen wegfiel. Und nun werden sie wieder geschlossen. Nun, froh, dass ich einigermassen verpflichtend zu einer Veranstaltung zu Halloween hin bin.
Eine Filmnacht im hiesigen kommunalen Kino mit drei Filmen, von denen nich mir zwei ansah. Nun fiel Zuschauer wurden in dem eh schon kleinen Kino nicht hineingelassen, aber so waren alle verfügbaren Plätze auch bei ersten Film besetzt, und es leerte sich auch nicht so sehr bei den anderen. Die ATmosphäre war stimmig, trotz (oder wegen) der bedrückenden Umstände war die Atmosphäre unter den Zschauern gut, einige kannte man, andere lernte man kennen, allgemeine gute Plauderstimme im Raum neben den Kino, wo Bier, Kartoffelsalat, Bockwurst, Bloody Mary, Gin Tonic, andere Getränke für ummer gereicht worden. Es gab Verlosungen, selbst siebgedruckte T-Shirts gegen Spende. Schön. Da war es auch nicht schlimm, dass der Zeitplan etwas doller ins Rutschen kam. Klar, schade, dass der erste Film nicht wie angedacht auf 35mm kam, da die OmU-35mm-Version zu beschädigt war, und man auf eine englische Blu zurückgriff (leider ohne UT, ich verstand echt nur die Hälfte), ich hätte die deutsche 35mm bevorzugt. Es war ein bißchen Filmfest light, Treffen einer NOtgemeinschaft, die einfach nur einen schönen Abend wollten. Zu den Filmen:

31.10.2020 City46 Kino 2 18 Uhr
WOLFEN (1981) OV
R: Michael Wadleigh, D: Albert Finney, Diane Venora, Edward James Olmos, Gregory Hines, Tom Noonan, Dick O’Neill, James Tolkan; M: James Horner
New York, Anfang 80er. Das ist schon mal ein großer Pluspunkt. Und hier wird auch gleich am Anfang einiges gezeigt: Die Bowery, South Bronx, eine Stadt zwischen Abriss, Zerfall, High-End-Aufbau und Hedonismus. Entweder am Boden oder ganz oben. Und wirklich ganz oben, über den Dächern NYS: Die Indigenen, die ehemaligen Bewohner, die Verdrängten.
Zwischen diesen Polen, aufgerieben und abgeklärt: Der Detective Dewey Wilson, der nicht passt, aber gerade deswegen zu diesem ungewöhnlichen Fall geholt wird. An seine Seite eine eher rationale Polizistin. Und sie ermitteln sich durch die hohen schicken Büros bis in die Abrissgebiete. Und stossen auf die Legenden, die immer noch oder wieder ihr Revier verteidigen.
Klasse, wie die Stadt hier eingefangen wird und selbst eine Hauptrolle spielt. Gleichzeitig auch eben ein Symbol für den Zustand der amerikanischen Gesellschaft ist. Klar, hier politisch und sozial der Film, aber nicht ein Zeigefinger- oder Lehrstück. Sondern eine Erzählung, die die früheste Vergangenheit mit einschließt. (Hier noch kurz auf die NY-spezifische Niederlande-Geschichte hingewiesen: van der Veer, die Mühle, STuyvesant...)
Brillant hier: Albert Finney und Diane Venora. Dann auch gleich das einzige Manko: Die Sex Story der beiden, die leider total unglaubwürdig erzählt wird, aus dem im Prinzip den eher impotenten Mann, da er mit dem Jetzt nicht klar kommt, einen Wiederpotenten macht und sie in der Folge von einer starken selbstbestimmten Frau nur noch die Opfer und zu rettenden Prinzessin degradiert.
Auch der Nebencast mit alles bekannten Gesichtern prima: vor allem Gregory Hines, Tom Noonan und James Tolkan blieben mir im Gedächtnis.
Dazu noch die Paranoia-Story: Das mächtige FBI, die eigentlich bei jedem Verhör-Abhören sagen können, wer die Wahrheit sagt. Dies geschieht mit technischen Brimborium sehr ähnlich dem durch Ton und Bildverzerrung wie die Wolfen die Welt wahrnehmen.
Auch die Drehorte / Bauten sind brillant. Die halbabgerissene Kirche. Die Bronx. Eben der Platz am Hafen mit der Mühle (Gab es die wirklich? Als ich 1991 da war, habe ich die nicht gesehen)
Das Finale dann wirklich ein spannender fast Action Knaller, dazu kurz vorher die Assoziationsketten Deweys, wie er auf die richtige Spur kommt.
Toller Film!!!
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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31.10.2020 City46 Kino 2 20 Uhr

KREW BOGA / SWORD OF GOD (2018) OmU
R: Bartosz Konopka, D: Krzystof Piecznski, Karol Bernacki, Wiktoria Gorodecka, Jacek Koman, Jan Bijvoet, Jereon Perceval; M: Jerzy Rogiewicz

Zwei Überlebende eines Schiffbruchs, ein Mönch und ein Bischoff unterwegs auf einer Insel, um einen heidnischen Stamm zu christianisieren. Denn bald kommt der König, der alle Nicht-Christen töten lassen wird. Nach baldigem Streit gehen die beiden unterschiedlich vor: Der Bischoff mit Kraftproben, harten Ansagen, Drohungen, Tempelbau. Der Mönch mit Annäherung an das Volk, zugenähtem Mund (da die Sprachen sowieso andere sind und so eine verbale Verständigung unmöglich ist), Hilfe und Mitleben mit den Leuten. Beide haben in Grenzen Erfolg. Dann kommt der König...
Bildgewaltig. Langsam aufbauend erzählt. Spannend. Wie die Wege der beiden sich letzlich zwangsweise trennt. Wie sie auf das Heiden treffen, deren Rituale unglaublich fantasiereich und eindringlich gefilmt werden. Da stimmt alles: Buch, Regie, Kamera, Farben, Ausstattung, Score.
Mit dem König kommt allerdings irgendwie ein Bruch: Die Story wird schneller,es wird irgendwie so schnell wegerzählt, wobei grundsätzlich die Ästhetik beibleibt. So kann man den einzelnen Motivationen, vor allem die des Königs nicht recht folgen... Schade. Aber zum Ende dann auch wieder gut, wie die beiden Hauptcharaktere noch mehr ausdifferenziert werden.
Insgesamt guter, leicht berauschender Film.
PS: Die von der Kritik gebrachten Vergleiche wie zu Refns Walhalla Rising stimmer nicht so ganz, hier gibt es eine ganz klare Erzählung, die auch eine aktuelle Aussage haben: Es geht hier schon um Religion, die Rolle der Kirche in der Gesellschaft und ihren Umgang mit ihrer Vergangenheit. Ihren Umgang mit der Wahrheit und das Heuchlerische in ihm.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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Re: Karl or Karla goes to Cinema

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12.12.2020 Etage 3
Rico, Oskar und die Tieferschatten (2014)
R: Neele Vollmar, D: Anton Petzold, Juri Winkler, Karoline Herfurth, Axel Prahl, Ronald Zehrfeld, Ursela Monn, David Kross, Milan Peschel, Katharina Thalbach, Can Mansuroglu, Anke Engelke, David Rott, Tristan Göbel, Mina Rueffer; M: Oliver Thiede

Kino in Coronazeiten: Mein Patenkind eingeladen zum Kino-Abend. Mit Eingang, Kinokarte, Getränke- und Nacho- bzw. Popcorn"verkauf", Werbung und Trailer.

Rico ist nach selbstaussage Tiefenbegabt, wohnt mit seiner Mutter in Kreuzberg, lernt eines Tages den schlauen Oscar kennen. In Berlin treibt sich ein Kindesentführer herum, Mister 2000, da er 2000 Euro pro Kind Lösegeld verlangt. Oscar ist gut im Haus vernetzt und dann schlägt der Entführer in seiner Nähe zu...
Bevor es mit der Krimistory losgeht folgen wir Rico durch den Alltag. Er kann sich viele Dinge nicht merken, schlägt sich aber mit Tricks durch den Alltag. Seine Mutter arbeitet im Rotlichtmillieu, und er organisiert nebenbei auch Teile des Haushaltes und versteht sich mit den Nachbarn irgendwie. Und allein das ist schon spannend, interessant und gut gedreht. Anton Petzold spielt das richtig gut und differenziert (anders als Juri WInkler als Orskar, dessen Rolle alerdings auch nicht so recht tiefgehend angelehnt ist) Und die Erwachsenenriege ist natürlich heftigst besetzt. Katharina Thalbach, Anke Engelke und Milan Peschel in eher kleinen Rollen, aber toll. Hier viel allerdings auf, wer richtig berlinern kann und bei wem das so ein wenig aufgesetzt klingt. Warum alle berlinern müssen, erschließt sich mir nicht so ganz.
Der Krimifall st dann wirklich aufregend, spannend und dann noch mit Action. Eine Szene zum Weinen (bei zwei Kindern und zwei Erwachsenen nur für einen ;) )
Mit den Kids nachher noch viel geredet, und später unter uns nachgedacht: Zu unserer Zeit gab es doch eher weniger so realistsiche Filme, bei dem soziale Themen einfach Teil der Geschichte waren: Alleinerziehende, Vereinsamung in der Großstadt. In unserer Erinnerung war alles eindeutig märchenhafter. Doch bei genauem Hinsehen war es hier auch: Kreuzberg (nebenbei: In meinem alten Neukölln-Kiez gedreht, das Haus sofort erkannt) wirkt aufgeräumt, ein wenig altertümlich, moderne Medien spielen keine Rolle, und so schön das moderne Familienbilder elegant eingebaut wurden, so wenig divers ist das Millieu, gerade in Kreuzberg, das ist beinahe schon ärgerlich.
Aber das sind so Gedanken, die einen hinterher im Gespräch kommen, der Film ist gut und spannend.

PS: Der erste Sportfreunde Stiller Song, den ich mag....
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