Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

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Moderator: jogiwan

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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Das schaurige Haus

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01.png (181.57 KiB) 352 mal betrachtet
Hendrick ist sechzehn und gerade mit seiner Mutter Sabine und seinem kleinen Bruder Eddi von der Großstadt nach Bad Eisenkappl in ein altes Haus gezogen. In dem kärntnerisch-slowenischen Grenzort sagen sich aber nicht nur Fuchs und Hase gute Nacht, auch die einheimische Jugend ist eher schlecht auf sogenannte ScheiPis (Abk. für „Scheiß Piefkes“) zu sprechen. Schon wenig später beginnt sich Eddi jedoch seltsam zu verhalten und Hendrick erfährt, dass in dem Haus vor über vierzig Jahren eine Mutter ihre beiden Kinder und sich selbst vergiftet haben soll. Seitdem wird das Haus gemieden und als Hendrick beschließt der Sache auf den Grund zu gehen, begegnet er nicht nur den Geistern der Vergangenheit, sondern auch der hübschen Ida, die ihn seine Abneigung gegen Bad Eisenkappl nochmals überdenken lässt…

Sympathischer, kurzweiliger aber auch nicht sonderlich aufregender Grusel-Streifen aus österreichischer Produktion, der auch eher ein junges bis jugendliches Zielpublikum vor Augen hat. „Das schaurige Haus“ sieht aber gut aus, ist toll gespielt und schon beim Vorspann wird klar, dass hier „Stranger Things“ Pate stand. Dabei ist der Streifen handlungstechnisch gar nicht mal so retro, aber verströmt ein derartiges Feeling und vermischt Mystery, mit Culture-Clash und etwas Coming-of-Age zu einer leicht zugänglichen und bekömmlichen Mischung, die auch nie zu gruselig ausgefallen ist. Dazu kommen österreichische Befindlichkeiten, ein ungelöstes Verbrechen und ein paar Geister aus der Vergangenheit. Eigentlich hätte der Streifen ja auch letztes Jahr in die Kinos kommen sollen und ist jetzt Pandemie-bedingt auf Netflix gelandet. So hat der Streifen aber schon jetzt mehr Bewertungen auf der IMDB als eine durchschnittliche, österreichische Produktion und auch gleich einen viel größeren Markt. Also nicht unbedingt ein Nachteil für Regisseur Daniel Prochaska, den man sonst eher von ORF-produzierten Komödien kennt. So bleibt ein netter Streifen für Familien mit Horror-affinen Nachwuchs, der ältere Erdenbürger jedoch nicht sonderlich beeindrucken dürfte und sich dennoch gut gucken lässt.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Wer hat Sara ermordet? - Staffel 1

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01.png (185.36 KiB) 340 mal betrachtet
18 Jahre nachdem er unschuldig am fahrlässigen Mord an seiner Schwester im Gefängnis gesessen ist und wegen guter Führung entlassen wird, hat Alex nur einen Gedanken: Rache an der wohlhabenden Familie, die ihm das Ganze angetan hat. Auch bei der betroffenen Familie schrillen bei der Nachricht über die Enthaftung alle Alarmglocken und Alex erweist sich als harter Gegner, der seinen Gefängnisaufenthalt auch dazu genutzt hat, sich auf diesen Tag vorzubereiten. Doch warum musste die junge Sara sterben und wer hat seinerzeit die Weichen so gelegt, dass ein unschuldiger Mann dafür ins Gefängnis musste…

Völlig haarsträubende, aber auch irgendwie unterhaltsame Mischung aus Thriller und Telenovela mit viel Sex und noch mehr Schmalz. Was ja noch halbwegs spannend beginnt, wird ja im Verlauf der ersten Staffel immer verwässerter und der ohnehin sehr hanebüchene Krimi- und Rache-Plot tritt zugunsten allerlei dramatischer Familienverwicklungen in den Hintergrund. Auffällig auch die Tatsache, dass hier die schrägsten Sachen passieren, die dann allerdings für nichts und niemanden besonderen Konsequenzen zu haben scheint. Außerdem versammeln sich hier im Umfeld der stinkreichen Casino-Familie wieder einmal die schlechtesten Menschen der Welt und am Ende sind zwar alle verdächtig, aber es wird ja auch kein einziger Handlungsstrang zu Ende geführt. Nach 10 Folgen also noch immer keine Ahnung wer Sara ermordet hat, dafür startet heute (!!!) bereits die zweite Staffel, in der die offensichtlich erfolgreiche Geschichte nun vermutlich im Telenovela-Style nun unendlich weitergesponnen wird und sich jeder Charakter noch ins Gegenteil verkehren darf. Zuerst wird 8 Folgen lang bis zum geht nicht mehr Spannung aufgebaut und dann passiert zwei Folgen irgendwie nichts mehr und am Ende wird ohnehin alles über den Haufen geworfen. Wären in der ersten Staffel wenigstens ein paar Dinge zu Ende gebracht worden, wäre ich ja vielleicht noch begeistert gewesen, aber so geht das Ganze nun in Richtung lustig, doof, sinnlos, planlos und vor allem endlos…
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Wer hat Sara ermordet? Staffel 2

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01.png (185.36 KiB) 327 mal betrachtet
Es geschehen ja noch immer Zeichen und Wunder: nachdem die erste Staffel ja keinerlei Handlungsstränge zu Ende geführt hat, werden mit der zweiten Staffel nun halbwegs alle Fragen beantwortet und die Serie auch zu einem vorläufigen Ende geführt. Warum man die 18 Episoden aufteilen musste weiß ja wohl ohnehin niemand so genau. Die Geschichte bleibt herrlich haarsträubend und egal ob Figuren, Szenario oder sonstiges – alles bleibt dramatisch, überzeichnet und wirkt teilweise fast schon parodistisch. Unterhaltsam ist die schundige Telenovela aber tatsächlich und der Cliffhanger in Richtung dritte Staffel verheißt diesbezüglich ebenfalls keine Änderung der Marschrichtung. Wo andere Krimi-Serien auf durchdachte Handlungsstränge, vielschichtige Charaktere und eine nüchterne Stimmung setzen, geht „Wer hat Sara ermordet?“ den völlig anderen Weg und setzt dann auch noch immer einen drauf. Die erste Staffel ist quasi die Basis, die in der zweiten Staffel dann ordentlich auf den Kopf gestellt wird. Auffällig auch die Tatsache, dass die für die Handlung meist völlig unerheblichen Sexszenen in der ersten Staffeln in der zweiten völlig zurückgefahren werden. Das kann man jetzt gut oder doof finden, aber die letzten Tage waren abends doch auch immer eine Achterbahnfahrt der Gefühle und eine nette Abwechslung zu den üblichen Filmabenden.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Oxygen

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01.jpg (33.64 KiB) 318 mal betrachtet
Eine Frau ohne Erinnerung erwacht in naher Zukunft einer Kältekapsel, wo sie mit allerlei medizinischen Geräten verbunden ist. Durch einen Computer-Assistenten erfährt die Frau, dass es zu einem unbekannten Vorfall kam, der den Ausfall der Sauerstoff-Versorgung zur Folge hatte, der nach Ist-Stand nur noch für knapp 70 Minuten reichen wird. Mit der Verzweiflung kommen jedoch auch erste Bruchstücke aus der Vergangenheit zurück und die Frau erinnert sich an ihren Namen, ihren Gatten und andere Momente aus ihrem Leben. Doch die Zeit wird knapp und auch die Versuche mit der Außenwelt Kontakt aufzunehmen, sind lediglich von zweifelhaftem Erfolg. Obwohl die Ausgangslage in der Kapsel auch alles andere als optimistisch stimmt, beschließt die Frau nicht aufzugeben und gegen die Technik, vorprogrammierte Abläufe und andere Widrigkeiten um ihr Leben zu kämpfen.

Sci-Fi-Thriller von Alexandre Aja, der hier die Gore-Keule im Schrank lässt und sich voll und ganz auf seine Schauspielerin Mélanie Laurent und seinen begrenzten Handlungsort konzentriert. Bis auf ein paar Erinnerungen spielt sich die Geschichte von „Oxygen“ ja in einer Kältekapsel ab, was natürlich auch sofort an Filme wie „Buried“ erinnert. Die Ausgangslage ist auch ähnlich, selbst wenn sich das Geschehen hier in der Zukunft abspielt und die Story auch in eine andere Richtung geht. Zuviel will man ja nicht verraten, aber auch wenn sich im Verlauf vielleicht ein paar Logiklöcher auftun und die Spannung nicht durchgehend gehalten wird, ist „Oxygen“ doch eine überraschend packende Sache, die auch immer wieder mit netten Wendungen versehen ist, die an dieser Stelle natürlich nicht verraten werden. Themen wie Klaustrophobie, Isolation, Übertechnisierung und auch ethische Fragen werden angeschnitten und man kann in den Film auch schon eine sehr aktuelle Post-Covid-Abhandlung sehen. Natürlich muss man sich auch auf das Szenario einlassen und ab und an wirkt der Verlauf der Handlung – zugegeben - etwas konstruiert, aber auch wenn „Oxygen“ gegen Ende nicht an die Intensität von „Buried“ heranreicht, so ist Alexandre Aja ein doch sehr packender und spannender Streifen gelungen, der mir auch durchaus gut gefallen hat.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Die Mitchells gegen die Maschinen

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Die Mitchells sind eine Familie, die man wohl nicht gerade als Bilderbuchfamilie bezeichnen kann. Tochter Katie ist kreativ, dreht Kurzfilme die sie ins Netz stellt und träumt von der Film-Uni in Kalifornien, während ihr Vater Rick mit Computern, sozialen Netzwerken und den Absichten seiner Tochter auf Kriegsfuß steht. Obwohl der Rest der Familie versucht zu vermitteln haben sich Tochter und Vater irgendwie auseinandergelebt und Katie kann es nach der Aufnahme in der Uni auch kaum erwarten, dass Elternhaus zu verlassen. Als letzten Versuch der Versöhnung startet die Familie kurz vor der Uni einen gemeinsamen Familien-Road-Trip, als auf einmal alle elektronisch gesteuerten Geräte verrücktspielen und sich gegen die Menschen wenden. Mitten in der Maschinen-Apokalypse müssen sich die Mitchells kurzerhand ihrer unterschiedlichen Stärken und Schwächen besinnen um den Familienfrieden und nebenher auch die Welt zu retten.

Turbulenter Animations-Spaß aus dem Hause Sony, der sich dem erwachsenen Zuschauer als popkultureller Zitate-Reigen präsentiert. Die Geschichte über eine dysfunktionale Familie inmitten der Maschinen-Apokalypse ist aber nicht nur unterhaltsam, sondern bietet auch kritische Töne im Umgang mit moderner Kommunikationstechnik, in der die Menschen aus Bequemlichkeit immer mehr das eigenständige Denken abhanden zu kommen scheint. Doch auch hier verzichtet der Film auf schwarz und weiß und ist auch vielschichtiger ausgefallen, als man ihn erwarten würde. Leider neigen US-amerikanische Animationsfilme aber stets dazu, einfach zu viel auf einmal abzufeuern und auch „Die Mitchells gegen die Maschinen“ lässt dem Zuschauer keinerlei Zeit zum Durchatmen und wirkt inhaltlich auch etwas überladen und mit knapp zwei Stunden auch einfach zu lange. Sicherlich hat der Streifen großartige Momente und man kommt mit den Verweisen auf Film, Funk und realen Persönlichkeiten kaum nach, aber auf der anderen Seite täuscht der Film seine Vielseitigkeit auch nur vor um dann wieder ein völlig banales Loblied auf familiären Zusammenhalt zu zelebrieren. Die Message aus der Richtung kommt ja dann auch mit dem Holzhammer daher und wirkt leider dann gar nicht mehr so originell wie der Rest. Davon und der Gefahr der völligen Reizüberflutung abgesehen ist „Die Mitchells gegen die Maschinen“ aber schon eine spaßige Sache, aber dem ein paar ruhigere Momente und zwanzig Minuten weniger auch nicht geschadet hätten.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Errementari - Der Schmied und der Teufel

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Im Baskenland des vorigen Jahrhunderts lebt die kleine Waise Usue in einem Dorf voller abergläubischer und bigotter Menschen und wird aufgrund ihrer Narbe und Vergangenheit von den anderen Kindern gemieden. Als eines Tages ihre Puppe eines Tages beim Haus eines einsiedlerischen Schmieds landet, der von den Dorfbewohnern ebenfalls gemieden wird, schleicht sich Usue in dessen Haus und trifft dort auf einen Buben, der in einem Käfig gefangen ist. Als sie diesen befreit, verwandelt sich das Kind jedoch in einen Dämonen aus der Hölle und als das Kind nicht nach Hause kommt, macht sich ein Mob aus dem Dorf auf den Weg um dem Eigenbrötler eine Lektion zu erteilen, ohne zu ahnen, dass sich ein weit mächtigerer Höllenbewohner bereits unter sie gemischt hat…

Von Alex de la Iglesia produzierter Streifen aus dem Baskenland, der eine alte Sage über einen Schmied und den Teufel aufgreift und dieses in eine Art Märchen für Erwachsene verarbeitet. Obwohl ich für diese Art von gruseliger Folklore mit moralischem Zeigefinger durchaus aufgeschlossen bin, ist „Errementari“ aber irgendwie nicht Fisch oder Fleisch und ist auch von der erzählerischen Seite nicht wirklich geschickt aufbereitet. Der Fokus wechselt von einer Person zur nächsten und wenn dann auch noch die Dämonen ins Spiel kommen, wird die Grenze zur Lächerlichkeit leider nur ziemlich knapp gemieden. Man merkt sehr deutlich Einflüsse wie „Pan’s Labyrinth“ oder auch „Legende“, aber irgendwie fehlt einem der emotionale Zugang zu den Figuren, der nötig wäre um Spannung und ein Interesse des Zuschauers zu erzeugen. Ich freue mich ja immer über Filme, die nicht dem gängigen Horrorklischee entsprechen und trotzdem hat mich das alles nicht gepackt. Die Geschichte über den Schmied und den Teufel ist einfach nicht besonders prickelnd und auch nicht wirklich gut erzählt und es besteht auch überall sehr viel Luft nach oben. Da hilft es dann auch wenig, dass „Errementari“ für sein kleines Budget gar nicht mal so schlecht aussieht – so ist das leider alles ziemlich mäßig ausgefallen.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Cry Baby

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jogiwan hat geschrieben: Mo 23. Jun 2014, 07:16 John Waters erste, große "Studioproduktion" ist zwar ein hübscher Musikfilm mit Spießer und Außenseiter, bei denen die Sympathien auch wieder klar verteilt sind, aber irgendwie vermisst man als Fan schon Divine und den anarchistischen Witz seiner früheren Filme. Bei „Cry Baby“ gab es ein großes Budget mit der Vorgabe, dass der Streifen jugendfrei ausfallen muss. Waters hat die Aufgabe zwar hübsch gelöst und teilt auch auf subtile Weise gegen das Establishment aus und verleiht auch der Jugendstrafanstalt seinen ganz persönlichen Charme, aber irgendwie bleibt doch alles etwas zu brav und hinter den eigentlichen Möglichkeiten zurück. Das Geld wurde ich hübsche Klamotten und Locations investiert und der Streifen bietet neben der ersten Hauptrolle für Johnny Depp auch das Wiedersehen mit alten Bekannten wie Iggy Pop, Willem Dafoe, Tracy Lords und Susan Tyrell. Die Rockabilly-Musik ist ja eher nicht so prickelnd und ehe man sich versieht, ist der kurze aber unterhaltsame Streifen auch schon wieder vorbei.
Gestern im Rahmen meiner Waters-Retrospektive geguckt, schließe ich ja langsam Frieden mit dem Film. Ja er ist nett, er rockt und er ist doch recht harmlos. Ein bissl Vorstadtmärchen, eine große Portion "Grease" und viel Musik und schräge Charaktere in einem recht kurzen Streifen, machen "Cry Baby" auch zu einem netten Vergnügen. Nur was hätte hier ohne Studiovorgaben alles herauskommen können... :pfeif:
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

A Dirty Shame

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jogiwan hat geschrieben: Mi 2. Jul 2014, 07:30 John Waters bislang letzter Film aus dem Jahre 2004 ist neben einem Frontalangriff auf die amerikanische Freigabe-Behörde auch so etwas wie eine Rückkehr zum grellen Underground-Film, dass auf moralische Befindlichkeiten des Zuschauers wenig Rücksicht nimmt. Was sich in der Inhaltsangabe nach dem sexuellen Erwachen einer mittelständischen Frau anhört, ist ja eher ein brodelnder Vulkan der Perversitäten, vor dem im Verlauf des Filmes auch niemand sicher ist., wenn die Spießbürger Baltimores sich auf einmal sämtlichen Lüsten hingeben und dabei auch keine sexuelle Spielart auslassen. John Waters präsentiert auch die ganze Bandbreite menschlicher Gelüste und lässt diese geballt gegen altbackene Moralvorstellungen und konservative Leutchen antreten, wobei man sich natürlich vorstellen kann, auf welche Seite sich der sympathische Regisseur schlägt. Leider geht dem temporeichen Streifen am Ende etwas die Puste aus und auch auf den Einsatz von nicht ganz so gelungenen CGI hätte man vielleicht besser verzichten können, aber ansonsten ist Waters eigentlich wieder ganz der Alte und zeigt den konservativen Moralaposteln nicht nur den Stinkefinger, sondern auch sprichwörtlich hübsch den Arsch.

PS: unbedingt in der englischen Originalfassung schauen! :nick:
Auch hier kann ich meinen Worten aus dem Jahr 2014 mehr oder minder zustimmen, auch wenn Waters zwischenzeitlich ein familienfreundliches Sequel zu "Pink Flamingos" mit Kinder-Darstellern gedreht haben soll, der seiner Veröffentlichung harrt. "A Dirty Shame" ist schon eine lustige Sache und eine greller Einblick in menschliche Abgründe, die hier humorvoll präsentiert werden. John Waters ist hier voll in seinem Element und auch wenn nicht alles gelungen scheint, so hat man doch Freude an den ganzen turbulenten Streifen über monströse Titten, Cunnilingus und fröhliches Rudelbumsen. Schade, dass der gute Herr nicht noch viel mehr Filme gedreht hat. Unsere prüde Welt hätte ja viel mehr John Waters verdient.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Ema

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Tänzerin Ema und Choreograph Gaston hadern mit dem Ende ihrer Beziehung, dass auch mit der Adoption eines jungen Buben zu tun hat, die sich nicht wie erwartet entwickelt hat. Nun ist der Bub wieder in Heim und Ema begegnet überall mit Anfeindungen, die sich auch auf ihren Alltag auswirken. Halt und Trost findet sie im Tanz und bei ihren Freundinnen und die junge Frau findet auch stets einen Weg um sich und ihren Willen durchzusetzen, auch wenn die Methoden dafür zweifelhaft bleiben…

Auf „Ema“ bin ich deswegen aufmerksam geworden, weil ein Kritiker Vergleiche mit den Filmen von Pedro Almodovar gezogen hat und dem möchte ich als weltgrößer Fan des spanischen Regisseurs aber heftig widersprechen. Der chilenische Streifen „Ema“ ist ein mehr als seltsam anmutender Streifen, über das was in unserer egozentrischen Gesellschaft so alles falsch läuft und auch wenn er vielleicht optisch noch ein gutes Niveau erreicht, bleibt er inhaltlich eine völlige Katastrophe. Die Geschichte über eine dysfunktionale Beziehung, in der so etwas wie Kindswohl und andere Menschen überhaupt keine Bedeutung zu haben scheinen, wird in Bruchstücken erzählt, die Figuren bleiben völlig oberflächlich und auch die Aussage des Streifens lässt mich völlig ratlos zurück. Kinder, Sex, Freundschaften und Beziehungen sind in Chile wohl beliebigen Konsumgütern gleichgestellt. Hätte mich „Ema“ irgendwie berührt, hätte ich mich vermutlich geärgert, aber der Streifen von Pablo Larrain bietet lediglich hübsche Menschen und Bilder und gibt sich stets rätselhaft und bedeutungsschwanger, während die Handlung völlig an den Haaren herbeizogen wirkt. Die Szenen in denen getanzt wird und in denen die Titelhelden mal keinen emotionalen oder materiellen Schaden anrichtet wirken ansprechend, aber deplatziert und wenn am Ende langsam Licht in die verworren erzählte Geschichte kommt, wird klar, dass „Ema“ keine unabhängige Heldin, sondern eine Psychopathin ist. Wo Almodovar schon früh alternative Lebens- und Familienformen entworfen und ambivalente Titelheldinnen in den Fokus gestellt hat, deren Schicksal nachvollziehbar und dennoch herzlich wirken, dann ist bei Pablo Larrain und seinem „Ema“ mit seiner passiv-aggressiven Grundstimmung stets das völlige Gegenteil der Fall. Destruktiv statt divers und man kann nur hoffen, dass man solchen Menschen und solchen Filmen nicht allzu oft in seinem Leben begegnet.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

The Secret Adventures of Tom Thumb

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01.png (193.26 KiB) 259 mal betrachtet
Nach einem Zwischenfall in einer Fabrik für Fruchtbarkeitsdrinks bekommt eine Frau ein Kind, jedoch nicht wie ein menschliches Baby aussieht und auch nur so groß wie ein menschlicher Daumen ist. Dennoch wird das Baby, dass den Namen Tom erhält von den Eltern liebevoll angenommen. Wenig später wird Tom jedoch von Männern entführt und in ein schreckliches Versuchslabor gesteckt, wo grauenvollen Experimente stattfinden. Mit einer weiteren Kreatur gelingt jedoch die Flucht und Tom landet bei Jägern, die ungefähr seiner Größe entsprechen. Diese haben jedoch den Menschen mit normaler Größe den Kampf angesagt und erschwert die Rückkehr zu seinen Eltern, die Tom unbedingt wiedersehen möchte…

Völlig schräger und abgefuckter Stop-Motion-Streifen, der mal so gar nicht dem üblichen Klischee eines Stop-Motion-Streifens entspricht. Der Däumling sieht ja so aus wie das Baby in David Lynchs „Eraserhead“ und der Streifen ist auch genauso alptraumhaft, versifft und düster-surreal ausgefallen. Die Art und Weise wie „The Secret Adventures of Tom Thumb“ inszeniert ist, lässt einen schon staunen und zeugt von einer ungemeinen Kreativität der Macher. Doch genauso sperrig wie die Kombination aus Stop-Motion und Realfilm ist auch die Story über den Däumling, der in einem schrecklichen Versuchslabor landet und wieder zu seinen Eltern zurückkehren möchte. „The Secret Adventures of Tom Thumb“ ist dann auch das Gegenteil von einem Gute-Laune-Film und irgendwie möchte man danach gleich einmal unter die Dusche hüpfen um diese fast schon ekeligen Bilder aus der Gosse wieder loszuwerden. Andererseits richtet sich der Streifen auch an ein erwachsenes Publikum, dass in Punkto Animation in alle Richtungen aufgeschlossen ist und auch nichts gegen unschöne Erfahrungen hat. Das märchenhafte wirkt verkehrt ins Alptraum-hafte und daher kommt das knapp einstündige Werk der „Bolex Brohters“ auch sicher gut in Kombination mit Svankmajers „Alice“.
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