Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

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Moderator: jogiwan

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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Symptoms

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Nach einem längeren Aufenthalt in der Schweiz lädt die introvertierte und zerbrechlich scheinende Helen ihre selbstbewusste Freundin Anne in ihr abgeschiedenes Haus auf das englische Land ein um dort gemeinsam an Übersetzungen zu arbeiten. Dort genießen die Beiden herbstliche und ruhige Tage, ehe Anne bemerkt, dass sich ihre ohnehin sehr verschlossene Freundin zunehmend seltsam verhält. Immer wieder taucht der Name Cora auf, über die Helen jedoch nicht sprechen möchte und nachts sind seltsame Stimmen und Schritte im Haus zu hören. Nach einem zufälligen Gespräch mit dem zwielichtigen Verwalter Brady keimt in Anne der Verdacht, dass die beiden Frauen auf dem weitläufigen Anwesen nicht allein sein könnten und als sie eines Nachts den Schritten und Stimmen nachgeht, macht sie eine folgenschwere Entdeckung…

Der spanische Regisseur José Ramón Larraz ist ja nicht nur für den weithin unterschätzten Streifen „Vampyres“ verantwortlich, sondern hat im Laufe seiner Karriere wohl eine Vielzahl von Filmen gedreht, die noch darauf warten, vom Genre-Publikum entdeckt zu werden. Sein ebenfalls 1974 gedrehter Streifen „Symptoms“ ist ein interessantes und vor allem sehr schön gefilmtes Psychodrama mit Gothic-Horror-Einschlag und Angela Pleasence in der Hauptrolle, die in einem englischen Landhaus mit Geistern aus der Vergangenheit und Gegenwart zu kämpfen hat. Dabei ist der ruhig erzählte Streifen vor allem das Psychogramm einer introvertierten Frau, dass mit seinen Andeutungen über lesbische Liebe in eine ähnliche Kerbe wie „Vampyres“ schlägt, jedoch weit weniger phantastische und erotische Elemente enthält. Auf plakative Effekte muss man in dem schönen Werk auch eher verzichten und stattdessen gibt es interessante Figuren und ein malerisches Szenario, welches immer mehr ins Gegenteil kippt und einer unheilvollen Stimmung weicht. „Symptoms“ ist dann auch eine kleine Perle und zweifelsfrei sehr hübsche Wiederentdeckung für Leute, die subtile und Genre-übergreifende Werke mit Horror-Einschlag und europäischer Prägung mögen, der sich dem Zuschauer dank der Blu-Ray-Disc von BFI bzw. Mondo Macabro nun auch in der bestmöglichen Form präsentiert. Wunderbar!
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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Living Doll

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Howard ist Medizin-Student, der in New York in einer heruntergekommenen Wohnung haust und aus Geldmangel gemeinsam mit seinem Kumpel Jess in der Pathologie eines Krankenhauses arbeitet, während er nachts seinem Studium nachgeht. Tagtäglich begegnet der schüchterne Mann im Eingangsbereich des Krankenhauses der hübschen Christine, die dort Blumen verkauft und mit dem Draufgänger Ed liiert ist. Als Christine eines Tages nach einem Autounfall tot in der Pathologie landet sieht Howard seine Chance gekommen und die beiden beginnen eine etwas einseitige Liebesbeziehung, die zunächst auch sehr glücklich verläuft. Als Christines Grad der Verwesung aber immer weiter zunimmt werden auch die Nachbarn und weitere Menschen auf das ungleiche Paar aufmerksam und auch Howard scheint immer mehr den Boden unter seinen Füßen zu verlieren…

Die Welt bräuchte ja eigentlich viel, viel mehr romantische Liebesfilme mit Cliff Richard-Schlagern, die in der Pathologie ihren Ursprung nehmen. Im Falle von „Living Doll“ ist das Ergebnis aber leider eine halbgare Sache und der Streifen kann sich auch nie so richtig entscheiden, was er eigentlich sein möchte. Die Ausgangsidee ist ja durchaus originell und auch die Tatsache, dass Howard seine Angetraute als hübsche und lebendige Frau sieht, während diese in Wirklichkeit vor sich hin verwest ist ebenfalls sehr schwarzhumorig gemacht. Aber abgesehen davon ist in der englischen Horror-Groteske mit New Yorker Handlungsort ja eher nur die ekligen Make-Up-Effekte gelungen, während sich die Geschichte in Nebensächlichkeiten verstrickt und den Zuschauer mit zunehmender Laufzeit und den immergleichen Entwicklungen eher langweilt. Nach dem Auftakt geht es in weiterer Folge ja auch weniger um die ungleiche Beziehung der Beiden, sondern eher um Howards sozialen Abstieg und die ständige Gefahr des Erwischt-Werdens, wobei die Geschichte doch ziemlich an den Haaren herbeigezogen wirkt. Am Ende verstrickt sich der introvertierte Howard dann völlig in seinen Wahnvorstellungen und das ganze gipfelt in einem wiederum etwas besseren Finale, das den ganzen Streifen aber dennoch nicht wirklich retten kann. Für Leutchen, die sich für die filmische Umsetzung des Tabuthemas Nekrophilie interessieren bietet „Living Doll“ durchaus ein paar Ansätze, aber der Rest wirkt unausgegoren und vermurkst.

Mansion of Madness

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Sehr schräger, bisweilen etwas gewöhnungsbedürftiger Streifen des „Alucarda“-Regisseurs Juan López Moctezuma, der zuvor mit Jodorowsky gearbeitet hat, was man dem Streifen auch sehr ansieht. Die Geschichte von Edgar Allen Poe über ein Irrenhaus, in dem die Insassen das Ruder übernehmen dürfte ja auch hinlänglich bekannt sein und das darf man an dieser Stelle auch ruhig spoilern, da im Falle von „Mansion of Madness“ auch gleich klar wird, dass es in dem abgelegenen Sanatorium nicht mit rechten Dingen zugeht. Der unbedarfte Besucher in Form von Gaston LeBlanc merkt ja ebenfalls gleich zu Beginn, dass etwas nicht stimmt und in weiterer Folge erwartet den Protagonisten und späteren Gefangenen ein Ausflug in die bizarren Welten von Geisteskranken, die sich wie ein surrealer Bilderrausch auf den Zuschauer ergießt, den man schon gesehen haben sollte. Das ganze Sanatorium entpuppt sich als Ort des absoluten Wahnsinns und Fragonard als größenwahnsinniger Irrer mit Drang zu Höherem, der wie ein König über sein bizarres Reich regiert. Da trifft Jodorowsky auf Ken Russell, Fellini und Monty Phyton und herausgekommen ist einer dieser seltsam anmutenden und trotzdem unvergleichlichen und extravaganten Mischungen aus Arthouse, Genre-Film und Satire ohne Rücksicht auf Geschmacksgrenzen oder sonstige Verluste, die den aufgeschlossenen Zuschauer mit einem Füllhorn an absurden Ideen und Eindrücken geplättet zurücklässt, auch wenn man sich natürlich alles andere als einen herkömmlichen Horrorfilm erwarten sollte.
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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Born of Fire

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Eine englische Astronomin und der Flötist Paul hören während einer merkwürdigen Sonnenfinsternis mit ungewöhnlich starker Eruptionen an der Oberfläche eine sonderbare Musik, die für andere nicht wahrnehmbar scheint. Als in der Türkei daraufhin ein lange erloschener Vulkan wieder beginnt mit Lava zu speien und das Gleichgewicht der Erde gestört scheint, keimt in Paul der Verdacht, dass alles mit dem mysteriösen Tod seines Vaters zu tun hat. Dieser war ebenfalls Musiker und in der Türkei auf der Suche nach dem sogenannten „Master Musician“, der einen Weg gefunden hat, die Erde mittels Musik ins Unglück zu stürzen. Als Paul daraufhin selbst in die Türkei reist, wird er im anatolischen Hinterland Zeuge von seltsamen Ereignissen und erfährt von seiner Bestimmung, das Werk seines Vaters zu vollenden und die Erde vor ihrem unweigerlichen Ende zu beschützen.

Entrückter und unkonventionell erzählter Genre-Streifen mit Arthouse-Einschlag und jeder Menge islamischer Mythologie, der von Regisseur Jamil Dehlavi in der Türkei an wunderbaren Orten realisiert wurde. Die Geschichte der Astronomin und des Musikers, sowie dem drohenden Ende der Welt und den Bestimmungen des Schicksals beginnt ja eigentlich ganz gewöhnlich und Genre-typisch mit ein paar seltsamen Ereignissen in England und driftet dann völlig ab, als der Protagonist seine Reise in die Türkei antritt. Von da an wird der Film zu einem mystischen und surrealen „Style-over-Substance“-Bilderrausch, der mit seinen bizarren Figuren und seinen wunderbar ausgesuchten Handlungsorten von byzantinischen Ruinen und Tropfsteinhöhlen bis hin zu den Thermen in Pamukkale dabei absolut faszinierend ausgefallen ist. Die eigentliche Geschichte tritt dabei immer weiter in den Hintergrund und macht Platz für einen Fiebertraum-artigen Handlungsverlauf voller Symbolik, die den westlichen Zuschauer auf eine Reise in eine fremdartig erscheinende Welt mitnimmt, die Orient und Okzident miteinander verbindet und mir ausnehmend gut gefallen hat. Ein Film, der sich auf beste Weise gegen jegliche Kategorisierung sträubt und anscheinend ist „Born of Fire“ unter dem Titel „Die Macht des Feuers“ in Deutschland ja sogar im Kino gelaufen und so wäre es wirklich an der Zeit, dass sich ein Label dieses extravaganten und bildgewaltigen Werks auch hierzulande annimmt.

Blood of the Virgins

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Das Auto einer Gruppe von turtelnden Urlaubern kommt eines Nachts auf dem Weg zum argentinischen Ferienort Bariloche mitten in der Einöde zum erliegen. Obwohl der Fremdenführer dringend davon abrät, will die Gruppe jedoch nicht in der Kälte ausharren, sondern die Zeit bis zum nächsten Morgen lieber in einem verlassenen erscheinenden Wochenendhaus verbringen, das unter Einheimischen keinen guten Ruf besitzt, da dort ein Vampir sein Unwesen treiben soll. In dem Haus hat man anscheinend jedoch bereits auf die Gruppe gewartet und während Speis und Trank auf die durchfrorenen Gäste warten, erlebt einer der Männer auch ein erotisches Abenteuer mit einer mysteriösen Frau. Am nächsten Tag erscheint jedoch alles wie ein böser Traum und als auch die beiden Frauen verschwunden sind, scheinen sich die fantastischen Geschichten auf grauenvolle Weise zu bewahrheiten…

Naiver Sexploitation-Vampir-Film aus argentinischer Produktion bzw. ein Flick aus der schundigen Schublade und „the Wild Side of Cinema“ für aufgeschlossene Menschen, die derartiges auch zu schätzen wissen. Ernsthafte Vampir-Fans werden sich hier ja eher mit Grausen abwenden und die Geschichte über einen mysteriösen Vampir und dessen unglückliche Begleiterin ist auch herrlich abstrus und sehr unentschlossen inszeniert. Herkömmliche Genre-Merkmale spielen hier keine Rolle und so wandelt der südamerikanische Vampir am Tag und schläft in der Nacht, während die Vampir-Dame auch im Spiegel zu sehen ist - Jungfrauen sind übrigens auch weit und breit nicht zu erblicken. Hier wird einfach alles was das Genre ausmacht auf den Kopf gestellt und das Augenmerk des Regisseurs Emilio „The Courious Dr. Humpp“ Vieyra liegt auch nicht auf klassischem Vampir-Grusel, sondern eingangs eindeutig mehr auf nackter Haut und Urlaubsfeeling, welches mit flotter Easy-Listening-Musik unterlegt ist. So bleibt trotz permanenter Gefahr durch blutsaugende Vampire bis zum blutigen Finale auch immer genug Zeit sich ausgiebig zu befummeln oder auf der Matratze zu vergnügen. „Blood of the Virgins“ ist auch wahrlich kein sonderlich guter Film und in den knapp 80 Minuten machen sich doch auch Längen bemerkbar, aber insgesamt überwiegt hier natürlich der Spaß an dieser obskuren Produktion und ihren vollkommen unbedarften Umgang mit Vampir-Mythen, die von Mondo Macabro auch in würdiger Qualität präsentiert wird.
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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Götter der Pest

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Der frisch aus der Haft entlassene Franz besucht seine Freundin, die Bar-Sängerin Johanna, die bereits sehnsüchtig auf ihn gewartet hat und ihn mit ihrer Liebe förmlich erdrückt. Als sie über sein Leben bestimmen möchte verlässt er diese um sich mit anderen Bekanntschaften die Zeit zu vertreiben. In einer verlassenen Wohnung findet er seinen erschlagenen Bruder und wird zum Tatverdächtigen, während er mit Günther, dem eigentlichen Täter aus Geldmangel ein Ding plant. Gemeinsam wollen sie einen Supermarkt ausrauben und landen vorher bei Margarethe, einer Kellnerin, die sich in Franz verliebt und beide bei sich wohnen lässt. Als es soweit ist, verpfeifen sowohl Johanna, als auch Margarethe die Beiden aus unterschiedlichen Beweggründen bei der Polizei.

Fassbinders dritter Spielfilm ist eine lose Fortsetzung seines Debüts „Liebe ist kälter als der Tod“ und beschreibt das Leben des Kleinkriminellen Franz, der aus der Haft entlassen wird und im Leben nicht mehr Fuß fassen kann. „Götter der Pest“ ist voll von Außenseitern und Menschen, die nicht fähig scheinen, ihren Gefühlen mit Worten Ausdruck zu verleihen. Statt sich auszusprechen schweigt man sich an und so etwas wie Glück oder gegenseitige Liebe scheint in der halbseidenen Welt aus Kriminalität, Verrat, unerfüllten Träumen und mangelnden Perspektiven nicht zu existieren. Dabei hat der wortkarge Streifen mit seiner reduzierten Ausstattung und Figuren abermals die Merkmale seiner Vorgänger und ist im Grunde eine ernüchternde Sozialstudie in Form eines Kriminalfilms, dass bei seinen Figuren aber nur den Ist-Zustand beschreibt und eine tiefergehende Hintergründe ausblendet. Am Ende von Fassbinders empfehlenswerten, wie fordernden Streifen stehen drei Frauen am Grab des Mannes und beweinen dessen unnötigen Tod und dem Zuschauer bleibt ebenfalls nur die Erkenntnis, dass es in Fassbinders Welt für niemanden ein Happy End geben kann.
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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Der amerikanische Soldat

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Richard ging in jungen Jahren nach Amerika um dort als Soldat im Vietnamkrieg zu dienen und das große Glück zu suchen. Nun kehrt er als Ricky mit abgeklärtem Gemüt, Trinkfestigkeit und weißen Anzug in bester Gangster-Manier nach München zurück um ausgerechnet für drei Polizisten als Auftragskiller zu arbeiten. In einem schäbigen Hotel einquartiert wartet er auf seine telefonischen Aufträge um Kriminelle aus dem Weg zu räumen, denen die Polizisten wohl auf andere Weise nicht habhaft werden. Doch überall wo Ricky auftaucht, hinterlässt er bei der Damenwelt Spuren und als sich die Freundin eines der Polizisten in den smarten Killer verliebt und mit ihm durchbrennen möchte, wenden sich auch seine Auftraggeber gegen ihn…

„Der amerikanische Soldat“ bildet nach „Liebe ist kälter als der Tod“ und „Götter der Pest“ den Schlusspunkt zu Fassbinders sogenannter „Gangster-Trilogie“ und erzählt mit Figuren aus den beiden Vorgängern, deren Rollen jedoch teils von anderen Darstellern aus seinem Umfeld übernommen wurden, die Geschichte eines Auftragskillers im tristen München. Im Stil eines Gangsterfilms aus Film-Noir-Tagen erzählt der deutsche Vielfilmer die Geschichte eines Mannes, der in die weite Welt zog und nun als Auftragskiller in seine Heimatstadt zurückkehrt, wo er erkennen muss, dass sich in Deutschland „nie etwas ändert“. Dort trifft Ricky auch auf jede Menge Fassbinder-typische Figuren wie schweigsame Männer mit inneren Dämonen und traurige Frauen, die sich in die falschen Männer verlieben und seiner Familie, in der ebenfalls einiges im Argen liegt. Ein herkömmlicher Krimi ist „Der amerikanische Soldat“ ja nicht geworden, sondern neuerlich viel mehr eine „hässliche“ Sozialstudie über Außenseiter mit Elementen aus dem klassischen Gangsterfilm, der sich jedoch durch seine getriebenen Figuren und sperrigen Erzählweise von seinen Vorbildern abhebt. Zu erwähnen sind auch aber auch noch Jan George, der ältere Bruder von Götz George, der hier den zwielichtigen Ermittler mimt, Elga Sorgas als seine Freudin Rosa von Praunheim (!) und der von Günther Kaufmann (!!) gesungene Song „So much Tenderness“, dem im Finale ebenfalls eine wichtige Rolle zukommt.

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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Die Liebenden des Polarkreises

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Eine herkömmliche Liebesgeschichte darf man sich vom „Lucia und der Sex“-Regisseur Julio Medem ja ohnehin nicht erwarten und „Die Liebenden vom Polarkreis“ ist trotz des romantischen Titels auch alles andere als ein kitschiger oder verträumter Liebesfilm geworden. Viel mehr erzählt der spanische Regisseur eine ungewöhnliche und auch nicht konfliktfreie Liebesgeschichte, die jeweils idente Abschnitte aus einem Zeitraum von knapp zwei Jahrzehnten abwechselnd aus der Sichtweise von Ana und Otto erzählt, deren Namen nicht zufälligerweise Palindrome sind. Dabei behandelt der Streifen universellen Themen wie Liebe, Verlust und Tod und zeichnet Kreisläufe des Lebens mit einer emotionalen Geschichte voller schicksalhafter Fügungen nach. Neben der interessanten Erzählweise mit unterschiedlichen Perspektiven und Wahrnehmungen begeistern auch die die Darsteller und sowieso und überhaupt gibt es an diesem dramatischen Werk auch überhaupt nichts zu bemängeln und alles, was dem Zuschauer anfänglich sperrig erscheint, wird im Laufe der 100 spannenden Minuten aufgelöst. „Die Liebenden des Polarkreises“ ist besten Erzähl- und Autorenkino aus Spanien und ein Streifen, bei dem alle Lobeshymnen berechtigt erscheinen und den man sich auch nicht entgehen lassen sollte.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

The Piano Forest

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Mein Problem mit Werken wie „The Piano Forest“ liegt an ihrer Geschichte, in der es nur vordergründig um Themen wie Freundschaft und Erwachsenwerden geht, aber unterschwellig eine ganz andere Botschaft transportiert wird. Und zwar das Erfolg meist nur mit ungeheurer Selbstdisziplin zu erreichen ist und dieser bestehen bleibt, während Freundschaften kommen und gehen Ein immenser Leistungsdruck auf noch sehr junge Menschen scheint insofern gerechtfertigt und so ist es auch wenig verwunderlich, dass diese bis auf Kai die klassische Musik und das Klavierspielen im Film eher mit harter Arbeit, als mit Freude verbinden. Wer sich nicht auf dieses Spiel einlässt kann sich auch gleich von seinen Träumen verabschieden und/oder landet letzten Endes als desillusionierter Musiklehrer in einer Provinzschule. Na super! Von ehrlicheren Grundsätzen wie „Dabei sein ist alles“ ist da nichts zu spüren und in Zeiten, in denen jungen Menschen von überambitionierten Eltern immer mehr zugemutet wird und gedrillt werden, ist so etwas wie „The Piano Forest“ mit seinem Inhalt meines Erachtens auch ein völlig falsches Signal. Eine Gesellschaft in der Kinder nicht mehr Kinder sein dürfen hat ein gravierendes Problem und das so etwas dann noch als Film für die ganze Familie vermarktet wird und derartige Ideen bereits in den Köpfen sehr junger Menschen eingepflanzt wird, ist etwas, dass mir persönlich sehr sauer aufstößt und da hilft auch kein netter Zeichenstil und viel klassische Musik.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

The Whore

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Liz arbeitet als Prostituierte in Los Angeles und erzählt in Monologen an das Publikum und mit Rückblenden unterstützt aus ihrem Leben und ihren Arbeitsalltag als Hure. In jungen Jahren hat sie die Schule abgebrochen, heiratete den falschen Mann und verließ diesen mit Kind und Kegeln, nachdem sich dieser als Schläger und Alkoholiker entpuppt. Nach einigen miesen Jobs landete das Kind bei Pflegeelter und beim ältesten Gewerbe der Welt, wo sie nach einem schrecklichen Erlebnis von einem nicht minder brutalen Zuhälter bewacht wird. Trotzdem ist Liz eine Kämpferin geblieben und gibt sich und ihr Leben nicht auf und meistert jede noch so schlimme Situation mit Kunden und Rückschläge mit Humor, ihrer großen Klappe und Kampfgeist und kann sich auf der Straße in bittersten Stunden auch noch auf andere Menschen verlassen, mit denen es das Schicksal ebenfalls nicht gut gemeint hat.

Anscheinend hat Ken Russell im Jahr 1991 „Die Hure“ ja als Reaktion auf Gary Marshalls „Pretty Woman“ gedreht und mit dem romantischen Hollywood-Märchen mit seinen verklärten Blick auf das Gewerbe hat sein Streifen ja auch herzlich wenig zu tun. Mit teils eher ernüchternden Bildern, brutalen Begebenheiten und dramatischen Episoden aus dem Leben der Straßenprostituierten Liz zeichnet er das realitäts-nahere Leben einer Hure in Los Angeles mit ihren alltäglichen Problemen zwischen nerviger Kundschaft, brutalen Zuhälter und Polizeiverfolgung nach. Doch statt dem vermeintlich düsteren Werk ist „Die Hure“ aber auf ungewöhnliches Weise ein unterhaltsames und farbenfrohes Werk geworden, dass seine Protagonistin als mehr oder minder sympathische Kämpfernatur zeigt und in dem trotz seiner Thematik auch genügend Humor seinen Platz findet. Liz wendet sich in ihren Erzählungen direkt an das Publikum und erzählt neben ihrem verpfuschten Leben von den Illusionen, die sie in diesem Job ihren Kunden vermittelt und den ganzen Widrigkeiten, die ihr im Arbeitsalltag so begegnen. Anfang der Neunziger dürfte der ungeschönte Blick auf die Thematik, die sehr deftige Sprache und die teils drastischen Bilder ja noch für Aufsehen gesorgt haben und die Zensurpolitik zu diesem Streifen spricht ja ebenfalls Bände, aber mittlerweile dürfte der Streifen ja auch wirklich niemanden mehr schocken. Dafür ist „Die Hure“ auch zu sehr in seiner Entstehungszeit verhaftet, spart zu brutale Momente größtenteils aus bzw. überlässt diese der Fantasie des Zuschauers und es lag wohl auch nicht in der Intention Ken Russells, sich bei seinem überraschend unterhaltsamen Werk in die sozialpornographischen Abgründe anderer Regisseure und neuerer Werke zu begeben.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Origins: Spirits of the Past

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Ökologisch angehauchter und in der zweiten Hälfte sehr Action-lastiger Anime in der Tradition erfolgreicher Werke, der jedoch etwas darunter leidet, dass Experten aus dem Gebiet wohl zu jeder Szene des Film ein jeweiliges Vorbild benennen könnten. Der Einfluss von Hayao Miyazaki und seinem Klassiker „Nausicaä“ ist jedenfalls sehr offensichtlich und auch der Rest wirkt seltsam bekannt. Leider hat Sugiyama aber nicht das erzählerische Talent eines Miyazakis und die Geschichte über ein missglücktes Öko-Experiment wirkt einerseits sehr dick aufgetragen und andererseits wie im Schnelldurchlauf erzählt und die Charakterisierung und Atmosphäre bleibt da auch etwas auf der Strecke. Der Einsatz von CGI in den Action-Momenten ist ebenfalls etwas zu offensichtlich für meinen Geschmack und minderte mein Sehvergnügen nochmals. Unterm Strich bleibt ein eher durchschnittlicher Anime mit einem Fuß im Kitsch, netten Ansätzen und Öko-Botschaft, der aber irgendwie seinen großen Vorbildern ziemlich nachhechelt und auch nicht annähernd erreicht. Für Zwischendurch ist „Origin: Spirits of the Past“ mit seinem bisweilen extravaganten Look schon okay, aber zu den Filmen eines Hayao Miyazaki fehlt inhaltlich doch noch ein großes Stück.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

5 Senses of Fear

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Episodenfilm über die menschlichen fünf Sinne: riechen, sehen, fühlen, schmecken und hören: „Smell“: ein Loser bekommt eines Tages von einer ominösen Vertreterin ein Duftwasser, dass sein Leben umkrempelt, doch dummerweise Nebenwirkungen hat. „See“ Mittels extrahierter Augenflüssigkeit vermag ein Augenarzt Szenen aus dem Leben seiner Patienten nachempfinden, doch nicht alles was er sieht gefällt ihm auch. „Touch“: ein blinder Junge stößt nach dem Autounfall seiner Eltern auf einen psychopathischen Killer. „Taste“ Ein junger Mann soll für eine große Firma einen Job annehmen und gerät bei seiner Ablehnung an die Falsche. „Listen“: Zwei investigative, junge Journalisten sind auf der Suche nach einer verschollenen Tonaufnahme, die schon einigen Menschen den Tod gebracht haben soll.

Von Episodenhorror habe ich ja mittlerweile als gebranntes Kind nur noch wenige Erwartungen und doch kann ich gleichzeitig auch nicht die Finger nicht davon lassen. „5 Senses of Fear“ entpuppt sich aber zum Glück als durchaus guckbarer Anthologien-Horror aus der zweiten Reihe, deren Geschichten lose mittels Personen und/oder Handlungselementen miteinander verbunden sind und jeweils eine Sinneserfahrung zum Inhalt haben. Dabei sind von den fünf Episoden die meisten auch gelungen, oder zumindest halbwegs originell, sodass man als Zuschauer stets bei Laune gehalten wird. Von „Bodymelt“, über Serial-Killer bis hin zu „Found-Footage“ ist auch alles dabei, was das Genre-Herz in den letzen Jahrzehnten höher schlagen ließ. Einzig „Taste“ wirkt mit seinen Verweisen an „Saw“ als Ausreißer nach unten in dem Werk wie ein Lückenfüller, während die anderen Episoden sich durchaus im oberen Horror-Mittelfeld einpendeln, blutig und zum Teil auch recht schwarzhumorig daherkommen. Aus der Kiste der Episodenfilme hat man jedenfalls schon viel Schlechteres gesehen und auch wenn sich die meisten hier vertretenen Regisseur in der Vergangenheit nicht gerade mit Ruhm bekleckert haben, kann man „5 Senses of Fear“ als Episodenhorror-Fan durchaus eine Chance geben, ohne groß enttäuscht zu werden.

The Killer Snakes

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Der junge Chen lebt in einer Baracke in einem Armenviertel von Hongkong, wird von seiner Umwelt gedemütigt und nur die hübsche Straßenhändlerin Xian hält zu ihm und hilft ihm, wenn er wieder einmal Prügel bezieht. Nach einem Überfall verliert er auch noch sein ganzes Geld und seinen Job als Zulieferer und ist am Boden zerstört. Doch sein Leben ändert sich, als er eines Tages eine verletzte Schlange findet, diese gesund pflegt und entdeckt, dass er einen besonderen Draht zu diesen Tieren hat. Fortan sammelt er Schlangen und nutzt diese als perfekte Mordwaffe gegen die Menschen, die ihn Zeit seines Lebens nur gequält haben.

Schlangen sind in der Rangliste der beliebtesten Tiere ja eher nicht in den vorderen Rängen zu finden und wer mit Schlangen sowieso nicht kann, der sollte von „The Killer Snakes“ wohl besser Abstand halten. Hier wimmelt es nur so von diesen interessanten und zu Unrecht angefeindeten Tieren, die von dem vereinsamten und gedemütigten Chen als Waffe gegen unliebsame Menschen eingesetzt werden. Dabei geht er nicht sonderlich zimperlich vor und die Warnung auf dem Cover der amerikanischen DVD ist hier durchaus ernst zu nehmen. Für zartbesaitete Gemüter oder Tierfreunde ist der 1974 vom Regisseur von „The Boxer’s Omen“ und „Corpse Mania“ gedrehte Tierhorror ja eher nicht geeignet und hier wird die düstere Thematik der Rache eines Ausgestoßenen an der Gesellschaft auch bis zum bitteren Ende konsequent durchgezogen. Allerdings hat der Streifen auch die ein- oder andere Länge und als Sympathieträger ist der soziopathische Chen ja sowieso gleich gar nicht geeignet, sodass sich auch das Mitfiebern in Grenzen hält. Wie mit den Schlangen umgegangen wird, ist ebenfalls total daneben und der ganze Tiersnuff drückt das Gesamtergebnis dann noch einmal etwas nach unten. Wer die Horror-Produktionen aus dem Hause der Shaw Brothers kennt, weiß aber ohnehin was ihn erwartet und wird daher auch nicht allzu groß enttäuscht sein. Mittelprächtig.
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