Children of Men - Alfonso Cuarón (2006)

Moderator: jogiwan

purgatorio
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Children of Men - Alfonso Cuarón (2006)

Beitrag von purgatorio »

Children of Men

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Deutscher Titel: Children of Men
Originaltitel: Children of Men

Regie: Alfonso Cuarón
Produktionsland: Großbritannien, Japan, USA (2006)

Darsteller: Clive Owen, Julianne Moore, Chiwetel Ejiofor, Charlie Hunnam, Clare-Hope Ashitey, Pam Ferris, Danny Huston, Peter Mullan, Michael Caine, Oana Pellea, Paul Sharma, Jacek Koman

Story:
Die Menschheit stirbt: 2027 ist seit mittlerweile 18 Jahren niemand mehr in der Lage sich fortzupflanzen. Das letzte Kind wurde Ende 2009 geboren, die jüngsten lebenden Menschen sind 18 Jahre alt. Hoffnungslosigkeit und Kriminalität beherrscht den Alltag der meisten Menschen und nur in wenigen versteckten Refugien ist einigen noch Ruhe vergönnt. Die menschliche Zivilisation steht vor dem Ende.
Mitten in diesem anarchistischen Durcheinander nimmt in London die Ex-Frau des Regierungsangestellten Theodor "Theo" Faron (Clive Owen) über Umwege "Kontakt" zu diesem auf. Julian (Julianne Moore) bittet ihn über Beziehungen eines Verwandten gefälschte Papiere für eine junge Frau zu besorgen - einer schwangeren Frau!

Die schwangere Kee (Claire-Hope Ashitey) muß schnellstmöglich zu einer Gruppe von Wissenschaftlern an der Küste Englands gebracht werden, da das Neugeborene möglicherweise die letzte Chance auf das Überleben der Menschheit sein wird. Theo erwacht aus seiner Resignation, entschließt sich sowohl Kee zu helfen als auch sie zu begleiten. Doch in diesen Zeiten ist eine Reise an die Küste alles andere als ungefährlich - zumal auch eine Gruppe selbsternannter Revoluzzer andere Pläne mit Kee hat ...
(via ofdb)
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Blap
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Re: Children of Men - Alfonso Cuarón (2006)

Beitrag von Blap »

Großartiger Film! Ein älterer Kurzkommentar:


Children of Men

Unser Planet im Jahre 2027. Seit 2009 wurde kein Kind mehr geboren, die Akte "Menschheit" wird sich vermutlich in einigen Jahrzehnten endgültig erledigt haben, die Zivilisation versinkt in Chaos und Terror. Wir blicken nach Großbritannien, dort regiert ein totalitäres System, vom Rest der Welt versucht man sich so gut wie möglich abzuschotten. Illegale Einwanderer werden in Sammellager gesperrt, in denen unmenschliche Zustände herrschen. Auch der kleine Bürohengst Theo Faron (Clive Owen) taumelt durch diese kranke, perverse und kaputte Welt. An bessere Zeiten glaubt er längst nicht mehr, beim -im Wald versteckt lebenden- Althippie Jasper (Michael Caine) findet er ab und an ein wenig Zerstreuung, Ablenkung vom tristen Alltag. Plötzlich tritt Julian (Julianne Moore) wieder in Theos Leben. Vor langer Zeit waren die beiden ein glückliches Paar, kamen sich durch den Verlust des gemeinsamen Kindes abhanden. Julian ist im Untergrund tätig, da Theo Kontakte zu höheren Regierungskreisen hat, hofft sie auf dessen Mithilfe. Theo soll Papiere für eine offensichtlich Illegale beschaffen, eine verdammt heikle Sache. Er lässt sich auf das riskante Unternehmen ein, doch er kann nur Papiere für ein Paar beschaffen, muss also selbst mit auf die Reise gehen. So lernt er die junge Dame Kee (Clare-Hope Ashitey) kennen. Zunächst sind Theo die Hintergründe der Aktion nicht klar, als Julian ums Leben kommt -durch eine Verschwörung innerhalb ihrer Gruppe- offenbart Kee ihr unschätzbar kostbares Geheimnis...

Alfonso Cuarón hat mit "Children of Men" einen wirklich packenden und erstklassig inszenierten Film auf die Beine gestellt. Die Besetzung entpuppt sich schnell als Glücksgriff. Clive Owen kommt in der Rolle des über sich hinauswachsenden Durchschnittsmenschen sehr überzeugend rüber. Clare-Hope Ashitey als Schlüsselfigur macht ebenfalls einen guten Job, Julianne Moore hat mich sowieso noch nie enttäuscht. Grandios Michael Caine als herrlich kauziger Außenseiter. Ganz, ganz gross, Herr Caine! Sehr angenehm die langen Sequenzen ohne offensichtliche Schnitte, hier wurde sehr respektable Arbeit geleistet, handwerklich und künstlerisch ein fettes Ausrufezeichen gesetzt. Überhaupt packt die intensive Atmosphäre zu, dank toller Kamera und stimmigen Kulissen/Locations.

"Children of Men" ist ein Beleg dafür, dass auch in der heutigen Zeit noch erstklassige Filme dystopischer Natur entstehen können. Wirkliche Kritikpunkte habe ich nicht vorzubringen, lediglich ein etwas "härteres" Ende steht auf meiner Wunschliste. Die DVD ist seit einiger Zeit zum sehr fairen Kurs zu bekommen, die Qualität fällt sehr solide aus.

Danke für diesen Film! Zunächst möchte ich es bei dicken 8,5/10 belassen. Erneute Sichtung ist natürlich Ehrensache, vielleicht ist da noch etwas Luft nach oben!

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Nachtrag: Autoszene mit King Crimson Mucke, ein Fall für den Altar.
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purgatorio
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Re: Children of Men - Alfonso Cuarón (2006)

Beitrag von purgatorio »

Schön geschrieben, Blap! Dem kann ich - meiner Erinnerung nach - uneingeschränkt beipflichten. Eine längst überfällige Zweitsichtung provoziert dann sicherlich auch noch ein paar mehr Worte :nick:
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purgatorio
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Re: Children of Men - Alfonso Cuarón (2006)

Beitrag von purgatorio »

CHILDREN OF MEN (CHILDREN OF MEN, England/USA 2006, Regie: Alfonso Cuarón)

CHILDREN OF MEN zeigt eine dystopische Welt im Jahr 2027. Seit dem Jahr 2009 sind keine Kinder mehr geboren worden, die Menschheit ist unfruchtbar und vergreist rapide. Jegliche Hoffnung scheint dahin zu sein und entsprechend formiert sich in der kollektiven Verzweiflung das Chaos. Fremdenhass bestimmt den Alltag auf den britischen Inseln! Um die eigene Bevölkerung genetisch aber auch vor schädlichen Einflüssen sauber zu halten werden illegale Einwanderer von der Regierung deportiert und abgeschoben. Im Untergrund formiert sich dagegen Wiederstand, der vor Terrorismus nicht zurückschreckt. Jedoch scheint Großbritannien global betrachtet noch ein beschauliches Örtchen mit einer Ordnungsmacht zu sein – die Welt ist längst in Terror und Verzweiflung versunken…

In dieser eindrucksvoll und glaubwürdig inszenierten Katastrophe lebt Theo Faron, gespielt von Clive Owen, eher schlecht als recht vor sich hin, betrinkt sich oder schießt sich mit dem Marihuana eines alten Freundes in eine bessere Welt. Warum er noch täglich zur Arbeit geht scheint ihm selbst nicht ganz klar zu sein. Eines Tages wird er von Handlangern seiner Exfrau entführt, die mittlerweile Führerin einer Untergrundorganisation geworden ist. Er soll ihr einen Gefallen tun. Die Ereignisse, die dadurch in Gang gesetzt werden führen Theo allerdings auf eine Odyssee durch ein Land, welches mehr und mehr vor die Hunde geht. Im Chaos kommt ihm die wichtigste Aufgabe der Menschheit zu: Hoffnung erhalten und schützen.

CHILDREN OF MEN erzählt sehr stringent eine ziemlich einfach gestrickte Geschichte (da ist dieser Typ, ein einfacher Angestellter, der dieses Mädchen zu einem Boot bringen soll und dabei langsam über sich hinaus wächst – fertig). Dies geschieht aber in einem derart eindrucksvollen, bedrückenden und glaubwürdigen Setting, dass der Film durchaus gut von seinen Bildern und den damit verknüpften Assoziationen leben kann. Vergleiche zu den Konzentrationslagern der Nazis werden häufig durch die kraftvoll verstörenden Bilder angestrebt, dass Finale scheint sogar dicht am Aufstand im Warschauer Getto orientiert zu sein. Nur dass es hier offenbar kein einseitig zuzuschreibendes gut oder böse gibt. Natürlich, die Ordnungsmächte, vertreten durch Polizei und Militär, bleiben gesichtslos, aber interessant ist auch, dass selbst in den Flüchtlings- und Revolutionsgruppen Verfeindungen aufkeimen, die durch Religionskonflikte und persönliche Interessen angefacht werden. In dieser Welt ist sich jeder selbst der Nächste und kaum einem ist zu trauen. Der Mensch ist sich hier selbst der größte Feind – die Welt, in der Seuchen und Umweltzerstörung die dominante Lebensform in ihrer Fortpflanzungs- und somit Arterhaltungsfähigkeit gehemmt haben, ist nur noch als sprichwörtlicher Tropfen zu werten, der das Fass überlaufen ließ. Die regelmäßigen Gewaltausbrüche formen in ihrer rabiat-destruktiven Konsequenz nur das Bild einer Spezies, die sich durch Brutalität definiert. Die größte menschliche Katastrophe, die globale Unfruchtbarkeit, entriss wohl nur die Maske von Moral und Anstand, von Zivilisation und Kollektivität. Hier wirft der Film regelmäßig die Frage auf, ob denn diese Menschheit die Hoffnung noch verdient hat.

CHILDREN OF MEN weiß aber auch sowohl technisch/handwerklich als auch im Cast zu überzeugen. Michael Caine als Hippie-Opa ist großartig, denn ein Opa, der sich zur Entspannung Scream-Core reinpfeift ist schon eine Wucht. Clive Owen mimt den wortkargen Einzelgänger gewohnt authentisch und auch die übrige Besetzung ist zumindest kein Fehlgriff. Der ein oder andere Charakter bleibt zwar etwas blass (speziell die häufiger auftretenden Vertreter der Untergrundorganisation seien hierfür exemplarisch angeführt), aber deren Handlungsmotivationen sind zumindest erkenn- und nachvollziehbar. Die Handlung wird so temporeich vorangetrieben und entlädt sich actionreich in atemberaubenden Einstellungen, die teilweise als suggerierter One-Shot über mehrere Minuten schnittfrei durch riesige Sets voller Bewegung und Dramatik gleiten. Die scheinbar am Stück gedrehte Szene im Wald ist auch nach mehrmaliger Sichtung absolut atemberaubend! Ein kleines Kunstwerk, unterlegt mit monotonem Gitarrenklang. Die Sequenzen in der Stadt sind ohnehin in ihrer Intensität kaum beschreibbar. Das muss man gesehen haben! Und prinzipiell lässt sich diese Feststellung auf den gesamten Film anwenden. CHILDREN OF MEN ist ein absolut großartiger Streifen, dessen kleine Mängel den Filmgenuss nicht im Geringsten zu trüben vermögen. 8/10 Punkten
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DrDjangoMD
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Re: Children of Men - Alfonso Cuarón (2006)

Beitrag von DrDjangoMD »

purgatorio hat geschrieben:Seit dem Jahr 2009 sind keine Kinder mehr geboren worden,
Sicher dass das nicht erst zehn Jahre später geschieht ;) Ich hatte bisher keine Ambitionen mir den Film anzusehen, aber wenn ich den Worten von Blap und Purgschi (der wiedermal eine sehr schöne Kritik abgeliefert hat :prost: ) so lausche, sollte ich mich doch mal an den Film wagen.
purgatorio
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Re: Children of Men - Alfonso Cuarón (2006)

Beitrag von purgatorio »

DrDjangoMD hat geschrieben: Ich hatte bisher keine Ambitionen mir den Film anzusehen, aber wenn ich den Worten von Blap und Purgschi (der wiedermal eine sehr schöne Kritik abgeliefert hat :prost: ) so lausche, sollte ich mich doch mal an den Film wagen.
wenn sich die Gelegenheit mal bietet: sieh ihn dir an :opa: :nick: Ich denke, dass du es nicht bereuen wirst. Gerade auch aus technisch-handwerklicher Sicht dürfte der Film für dich zumindest von Interesse sein :D
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jogiwan
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Re: Children of Men - Alfonso Cuarón (2006)

Beitrag von jogiwan »

Der hat mir sehr gut gefallen, vor allem die Szene im Auto... die ist wirklich atemberaubend!
it´s fun to stay at the YMCA!!!



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Re: Children of Men - Alfonso Cuarón (2006)

Beitrag von buxtebrawler »

Na, das klingt ja alles ganz hervorragend! Werde ich wohl nicht drum herumkommen.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Diese Filme sind züchisch krank!
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Re: Children of Men - Alfonso Cuarón (2006)

Beitrag von horror1966 »

buxtebrawler hat geschrieben:Na, das klingt ja alles ganz hervorragend! Werde ich wohl nicht drum herumkommen.

Den solltest du wirklich sichten bux, ist ein ganz hervorragender Film mit einer tollen Geschichte und einer sehr beklemmenden Grundstimmung. :thup:
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Il Grande Silenzio
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Re: Children of Men - Alfonso Cuarón (2006)

Beitrag von Il Grande Silenzio »

Die Geschichte, die "Children of Men" erzählt, ist zwar nicht überragend innovativ, aber sehr spannend inszeniert. Zum Glück versucht Cuarón nicht, dem Zuschauer eine umfassende Darstellung des Zustandes der Welt zu vermitteln, sondern lässt diesen über Vieles im Dunkeln. Das erzeugt beim Betrachter Hilfslosigkeit, er ist genauso wenig wie die Betroffenen in der Lage, die Situation wirklich einzuschätzen.

Als dann deutlich wird, dass die Zukunft der Menschheit im Schoße nur einer Frau liegen wird, wird nicht nur Faron klar, dass er eine Mission hat, die wichtiger ist, als er selbst. Ob dies als Allegorie zu verstehen ist (eine Art Jesuskind?), bleibt der Interpretation des Zuschauers überlassen.

Die Charaktere werden überaus sorgfältig betrachtet, die Settings düster, die Action ist wohldosiert und mitreißend, aber nicht übertrieben. Einen besseren, weil realistischeren Straßenkampf hat man noch nicht gesehen.

Grandios ist die Kamerarbeit, im Zeitalter der hektischen Schnitte eine wohltuende Abwechslung und der Beweis, dass es auch anders geht, bzw. gehen muss, wenn man eine besondere Atmosphäre erzeugen will.

Für mich ist "Children of Men" die eine der besten Dystopien überhaupt. Oder ist er vielmehr der Beginn einer Utopie?

Unbedingt ansehen!

9/10
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