Zinksärge für die Goldjungen - Jürgen Roland (1973)

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Nello Pazzafini
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Re: Zinksärge für die Goldjungen - Jürgen Roland

Beitrag von Nello Pazzafini »

untot hat geschrieben:Die abgespeckte Version gibts bei Amazon von 9 bis 15 Euro, das ist doch ok.
ich meinte mit 20 die doppelte, die abgespeckte finde ich nirgends unter 15 was aber eh ok ist.....
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Onkel Joe
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Re: Zinksärge für die Goldjungen - Jürgen Roland

Beitrag von Onkel Joe »

Nello Pazzafini hat geschrieben:..... eigentlich hätte es von anfang an diese version geben sollen und später von mir aus eine abgespeckte und diese sollte auch ned mehr kosten als 20,-
So hätte es sein müssen, erst das dicke Päckle zu 20,- euro und dann die Vanilla Version zu 10,- euro.
Das wäre zu 100% Kundenfreundlich gewesen aber man kann halt leider net immer alles haben.
Wer tanzen will, muss die Musik bezahlen!
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Blap
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Re: Zinksärge für die Goldjungen - Jürgen Roland

Beitrag von Blap »

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#1 aus der "EDITION DEUTSCHE VITA" von FilmArt


Zinksärge für die Goldjungen (Deutschland, Italien 1973, Originaltitel: Zinksärge für die Goldjungen)

Bis zur bitteren Neige?

In Hamburg regieren Otto Westermann (Herbert Fleischmann) und seine "Kegelbrüder" über die Unterwelt. Die Geschäfte gehen gut, wer nicht nach Westermanns Pfeife tanzt bekommt Probleme. Otto hat die Stadt im Griff, doch aus den USA naht Unheil! Gangsterboss Luca Messina (Henry Silva) läuft an Bord der Queen Mary im Hamburger Hafen ein, er will die Stadt unter seine Knute zwingen, aus seiner Sicht sind die Tage Westermanns gezählt. Es kommt zu ersten Zwischenfällen, zunächst können die Italo-Amerikaner die alteingesessenen Gauner regelrecht überrumpeln. Freilich denkt Otto Westermann gar nicht daran seine Machtposition aufzugeben, flugs schüttelt er einen cleveren Plan zum Gegenschlag aus Ärmel. Abseits der Befindlichkeiten ihrer Väter lernen sich Silvia Messina (Patrizia Gori) und Erik Westermann (Horst Janson) kennen und lieben, deren Romanze von den Kampfhähnen zunächst unbemerkt bleibt. Schliesslich ist der Tag der Abrechnung gekommen, Otto Westermann und seine Mitarbeiter fallen in Luca Messinas Anwesen ein. Tatsächlich erwischen sie ihren Gegenspieler gewissermaßen schutzlos, Messina sorgt sich um seine lebensbedrohlich erkrankte Mutter (Ermelinda De Felice). Otto ist kein skrupelloser Killer, er lässt einen Arzt rufen, sieht zunächst von der Maßregelung seines Widersachers ab. Die Lage scheint sich zu entspannen, plötzlich flammt kurzzeitig fast so etwas wie gegenseitige Sympathie zwischen Otto Westermann und Luca Messina auf. Von diesem Gefühl beseelt ruft Luca seine Schläger zurück, die Burschen sollten Westermanns anderen Sohn Carl (Wolfgang Kuhlmann) ins Jenseits befördern. Tragischerweise haben die pflichtbewussten Herren den blutigen Job bereits erledigt...

Regisseur Jürgen Roland wurde vor allem durch die Edgar-Wallace-Filme "Der rote Kreis" (1960) und "Der grüne Bogenschütze" (1961) bekannt. In der späten Phase seiner Karriere Inszenierte er zahlreiche Fernsehproduktionen (z. B. "Tatort"), sein Name ist untrennbar mit der erfolgreichen Serie "Großstadtrevier" verbunden. In Form des großartigen "Zinksärge für die Goldjungen" schenkte uns Roland einen äusserst kurzweiligen und liebenswerten Gangsterstreifen, bekannte und geschätze Charakerköpfe liefern sich ein gnadenloses Duell. Auf der einen Seite der zwischen gemütlich und cholerisch pendelnde Otto Westermann, auf der anderen Seite der eiskalte und berechnende Italo-Amerikaner Luca Messina. In kleineren und grösseren Nebebrollen tummeln sich jede Menge -mehr oder weniger- bekannte Gesichter, im temporeichen Finale liefert der Hamburger Hafen die Bühne für eine atemlose Verfolgungsjagd auf Leben und Tod. Zwar sind die Einflüsse des italienischen Genrekinos klar erkennbar, doch Rolands prägnante Inszenierung und die stimmungsvollen Schauplätze, lassen den Film nie zu einem zweitklassigen Abklatsch des Gangsterfilms aus dem Stiefelland werden. Für meinen Geschmack ist die Nähe zum italienischen Genrekino sowieso die bestmögliche Art internationales Flair in eine vorwiegend deutsche Produktion zu bringen, zusätzlich ist Hamburg der ideale Schauplatz, die Saat geht ganz vortrefflich auf. Interessanterweise baut die Sause nicht auf das Klischee St. Pauli, ohne diesen Bereich völlig auszuklammern, sondern verlagert die Handlung vor allem in die Behausungen der Gangsterbosse und (wie bereits erwähnt) den Hamburger Hafen. Bevor es im Hafen zum endgültigen Zweikampf der Giganten kommt, wird rasant und wild ballernd per PKW durch Hamburg gehämmert, ist Jürgen Roland etwa mit Umberto Lenzi verwandt?

Ohne Hänger, ohne Leerlauf poltern die Goldjungen rund 83 Minuten durch Deutschlands einzige Weltstadt, darin eingebettet eine Liebesgeschichte mit Romeo-und-Julia-Schlagseite (die in eine andere Richtung als das "Original" kippt, lasst euch überraschen). Eine Romanze in einem kernigen Gaunerknüller, funktioniert das denn? Und wie das funktioniert! Dabei bietet die Geschichte von Silvia und Erik ganz sicher keine echte Tiefe, ohne Umschweife wird sich verliebt, egal welche Meinung die Alten zu diesem Thema haben. Das junge Paar wirkt trotzdem nicht wie ein Fremdkörper, denn die Darbietung von Patrizia Gori und Horst Janson ist äusserst putzig, man muss die Verliebten einfach mögen, sie sind hochgradig ansteckend! Darüber hinaus zeigen die Jungen den Alten einen besseren Weg auf, doch die Betonschädel lassen sich nicht erweichen. Stets verpasst einer der Bosse die rettende Ausfahrt, getrieben durch Mißverständnisse und Fehleinschätzungen rennt die ältere Generation in ihr sicheres Verderben!? Kernig und direkt die Dialoge, ich gebe nicht der Versuchung nach etliche Zitate einzubauen, möchte zum Entdecken auf eigene Faust ermutigen, mehr als das übliche Lieblingszitat gibt es auch diesmal nicht.

Gönnen wir uns einen Blick auf das Ensemble. Herbert Fleischmann geniesst bei mir immer Kredit, ich sehe den leider viel zu früh verstorbenen Schauspieler sehr gern. Fleischmann kommt als Otto Westermann auf den ersten Blick wie ein gutbürgerlicher Durchschnittstyp daher, Halbglatze und Bierbauch inklusive. Hinter der biederen Fassade lauert ein Raubtier, aber auch ein Mann mit gefestigten Prinzipien und Moralvorstellungen, ein Mann der bei Bedarf mit aller Härte zulangen kann. Fleischmanns Antagonist Silva bildet schon von der Erscheinung her einen harschen Kontrast, statt bierseliger Rundungen gibt es einen gelackten Eckschädel zu sehen, nur vor "Mama" hat der kantige Gangster Respekt. Zwei Welten prallen mit voller Wucht aufeinander, bei aller vordergründungen Unterschiedlichkeit sind die Herren letztlich auf der gleichen Schiene unterwegs, gefangen und geeint im brüllenden Wahn aus engstirniger Prinzipienreiterei, blutrünstigen Rachegelüsten und bedingungsloser Machtgier. Zwei Lieblinge in einem Film, die Konstellation Fleischmann vs. Silva ist ein rauschhafter Freundenspender! Bevor meine Schwämerei völlig ausser Kontrolle gerät, reisse ich das Steuer in Richtung der übrigen Mannschaft herum. Naja, Anlass zur Sachlichkeit sehe ich trotzdem nicht, doch ich will versuchen mich zu beherrschen. Horst Janson gibt den hübschen Sympathieträger, die ihm zur Seite gestellte Patrizia Gori ergänzt Janson passend, ein schönes und knuffiges Paar. Statt sich den Vorträgen ihrer Väter zu beugen ziehen sie ihr Ding durch, mahnen ihre Erzeuger zur Vernunft (das Liebespaar wurde sehr geschickt und spannend in einen Teil des langen Finales eingebunden, grandios!). Véronique Vendell spielt die Frau an Luca Messinas Seite, kein leichter Job ein Liebchen des Bosses zu sein, vor allem wenn dessen Frau Mutter sich wenig erbaut zeigt. Vendell hatte Auftritte in international erfolgreichen Produktionen, sie wirkte in "Barbarella" (1968) und "Cross of Iron" (Steiner - Das Eiserne Kreuz, 1977) mit. Selbstverständlich hat auch Otto Westermann ein "Betthäschen" am Start, Sonja Jeannine wurde dieser Part übertragen, sie darf ihre Auslage vorzeigen und dem Chef bei Bedarf die Zeit vertreiben. Ein gestresster Macher braucht ab und zu ein wenig Zerstreuung, nach Möglichkeit unverbindlich, eine weitere Parallele zwischen Westermann und Messina. Ermelinda De Felice verkörpert das Klischee der italienischen Mama perfekt, ihre Darbietung sorgt für manchen zusätzlichen Schenkelklopfer. Ich werde nun nicht alle Mitwirkenden aufzählen, lediglich ein paar Worte zu den einprägsamsten Gestalten seien mir noch gestattet. Raf Baldassarre war eine gefragte Charakterfratze in etlichen Italowestern, er ist als verräterischer Fiesling unterwegs, Dan van Husen gehört ebenfalls zur Riege des Herrn Silva, extrem kultig (an dieser Stelle passt das oft mißbrauchte Wort) ist der Auftritt von Denes Törzs. Später als Sprecher und Moderator des NDR jedem Norddeutschen bekannt, zieht der gelernte Schauspieler hier richtig feist vom Leder!

Wenn ich einen Blick auf die heutige Filmlandschaft Deutschlands werfe... Ja, dann schiessen mir fast Tränen des Mitleids in die Augen, unterschwellig macht sich ein flaues Gefühl samt Brechreiz in meinem Magen breit. Hat den keiner mehr die Eier in der Hose um mit einen flotten Genrefilm aus der Kiste zu kommen? Es muss doch mehr geben als kalauernde Komödien und verquaste Grütze? Klar, da meckert er wieder rum, der alte Isegrim. "Zinksärge für Goldjungen" ist ein rasanter Ritt durch die Metropole Norddeutschlands, voller Lust (und mit ein bißchen Wehmut) stürze ich mich in dieses Abenteuer, aale mich mit allem was ich habe im schönsten, wildesten und mutigsten Jahrzehnt der Filmgeschichte. Verklärte Spinnerei? Bekanntlich wollte man damals mit Genrefilmen vor allem Geld verdienen, blick den Tatsachen ins Auge, du Ochse. Na und? Wenn ein Film mich so packt, begeistert und in Jubelstimmung versetzt, dann negiere ich die Motive der Macher sehr gern. Liebe Skeptiker, rutscht mir bitte den fetten Buckel herunter! Hamburg brennt! Mein Herz auch!

Mit der #1 aus der Reihe "Editon Deutsche Vita" landet FilmArt einen Volltreffer! Neben der deutschen Kinofassung darf man die Version für den italienischen Markt bestaunen. Diese wurde gekürzt, die Handlung dadurch gestrafft (obwohl bereits die deutsche Fassung sehr temporeich inzeniert und geschnitten über den Bildschirm saust), geänderte Dialoge rücken die Charaktere teils in ein etwas anderes Licht. Mir gefällt die deutsche Version eindeutig besser, davon unbenommen ist die alternative Fassung eine sehr willkommende Ergänzung. Zusätzlich gibt es ein Interview mit Horst Janson, Auszüge aus einem Interview mit Henry Silva, ein längeres Audiointerview mit Jürgen Roland, den deutschen Kinotrailer und eine Bildergalerie, weitere Kleinigkeiten (u. a. einen Beitrag über den Hamburger Hafen). Das Material wurde auf zwei DVDs verteilt, die Scheiben sind in einem schicken Digipak samt Schuber untergebracht, obendrein liegt ein lesenswertes Booklet bei. Fazit: Diese Veröffentlichung ist ein Traum! Vielen Dank dafür!

Wer nicht ganz so tief in die Tasche greifen will (was sehr schade wäre), kann zur karg ausgestattenen "Kaufhausauflage" greifen. Ledigliche eine DVD im Amaray, keine Boni:

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Meine Empfehlung könnte nicht eindeutiger ausfallen, kauft euch die besser ausgestattete und ansprechender aufgemachte Ausgabe! Es lohnt sich! Gern würde ich noch auf weitere Aspekte bezüglich "Zinksärge für die Goldjungen" eingehen. Doch dann müsste ich noch viele Stunden vor dem Rechner verbringen, ein Unding, ich will Filme schauen. Obwohl... Habe ich bereits den tollen Titeltrack erwähnt, der das wüste Treiben immer wieder stilsicher untermauert? Genug...

Sehr dicke 8,5/10 (sehr gut bis überragend!)

Lieblingszitat:

"Alles hat seinen Preis und wir alle müssen ihn bezahlen!"
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Adalmar
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Re: Zinksärge für die Goldjungen - Jürgen Roland

Beitrag von Adalmar »

Zinksärge für die Goldjungen (Jürgen Roland) Deutschland/Italien 1973
Großartiger Actionkrimi von Hamburg-Spezialist Jürgen Roland, der es sich nicht nehmen lässt, im wirklich dynamischen Verfolgungsjagd-Finale Hafen und Speicherstadt mit einzubeziehen. Kiezgröße Otto Westermann (Herbert Fleischmann), der - trotz recht biederer Erscheinung samt Gang-Treffen in einem wenig mondänen Kegelclub - skrupellos und brutal seine Geschäfte kontrolliert, wird hier mit dem italoamerikanischen Gangster Luca Messina (Henry Silva) konfrontiert, der seinen Kiez gerne übernehmen will. Das führt zu reichlich Schlägereien, Geballer und Explosionen. Aber auch zu einer Romeo-und-Julia-Liebesgeschichte, deren männlichen Part kein Geringerer als Horst Janson innehat. Mit Klischees (bei Luca zu Hause gibt es natürlich Spaghetti und er liebt niemanden so wie seine Mamma) wird nicht gespart, auf der anderen Seite werden - weil es eben gerade in war - auch mal unvorhersehbar zwei Kung-Fu-Kämpfer eingebaut. Für Fans von 70er-Genrefilmen einfach ein Muss, sei es wegen der einmaligen Verbindung von biederer Vorgartenkultur und brutaler Action (das Ende setzt hier noch mal einen besonderen zynischen Akzent) oder wegen der wie immer hohen charismatischen Präsenz eines Henry Silva. 9/10
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CamperVan.Helsing
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Re: Zinksärge für die Goldjungen - Jürgen Roland

Beitrag von CamperVan.Helsing »

wunderbare Szenen:

- Bei der Verfolgungsjagd mit den Rennbooten fährt Otto Westermann erstmal den Bootssteg hinauf

- Sonja Jeanine fragt Westermann, ob sie als Putze oder als Betthäschen engagiert sei

- Johanna König ("Sie baden gerade ihre Hände drin." "In Geschirrspülmittel???" "In Palmolive!") fragt, ob Lucas Mutter AOK-versichert ist

- Luca und Westermann verfolgen sich mit den Autos im Hamburger Hafen: "Er fährt zum Flughafen!"
(dazu muss man wissen, dass der Hafen quasi das Zentrum Hamburgs darstellt, der Flughafen aber am nördlichen Stadtrand liegt, far, far away. Immerhin erfolgt die Explosion des Mercedes dann in der City Nord, also sehr wohl auf dem Weg zum Flughafen. Warum aber kehren dann Luca und Otto zum Hafen zurück?)

- Meine Lieblingsszene: Die ältliche Bedienung auf der Kegelbahn lässt sich von den gezogenen Knarren überhaupt nicht beeindrucken und fragt ungerührt, auf wen denn die Runde gehe :prost:


In den Nebenrollen glänzen Dan van Husen, Horst Hesslein ("Abflug Bermudas" :kicher: ) und die NDR-Ansager-Legende Denes Törzs. :thup:

Patrizia Gori wäre allerdings abseits einer Filmkamera besser aufgehoben gewesen...
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CamperVan.Helsing
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Re: Zinksärge für die Goldjungen - Jürgen Roland

Beitrag von CamperVan.Helsing »

Die italienische Version ist komplett anders geschnitten, was dazu führt, dass schon über den toten Karl gesprochen wird, bevor er überhaupt sein Lebenslicht ausgeblasen bekommt. Otto Westermann mutiert zu Hans Werner, Kate zu Betty und Guy zu Clive

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Johanna König als Ärztin fehlt völlig.

Ich bleibe lieber bei der DF. Liebe Italiener, liebes "Beleid", ihr dürft euch auch "revangieren"
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dr. freudstein
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Re: Zinksärge für die Goldjungen - Jürgen Roland

Beitrag von dr. freudstein »

zur Zweitsichtung schrieb ich dieses (Leih-DVD): (sorry)

Nachdem ich dieses Schmankerl erstmalig als 35er im Kino (B-Movie Hamburg) gesehen habe, hab ich mir den Film nun auch mal ausgeliehen für die Heimsichtung. Klar, keine große Leinwand und ohne Kinoflair, macht aber trotzdem Spaß. Trotz rivalisierender Gangsterbosse (gespielt von Herbert Fleischmann und Henry Silva, was alleine schon zur Sichtung verpflichtet) bekommt man zwar einen actionreichen Film zu sehen, aber auch eine Menge Komik. Meetings finden in Kegelclubs statt, in denen Gangster aus Sizilien einfach mal so reinmarschieren können und das Gespräch an sich reissen. Natürlich mit Waffengewalt, aber normalerweise sichern sich solche Banden doch besser ab. Und das war nicht das einzige Mal. Als sie ins Haus des Sizilianers eindringen, müssen Westermann und seine Jungs auch noch der Mutter von Luca Messina einen Arzt rufen, obwohl sie eigentlich vor hatten, Messina einzuschüchtern. Zwischendurch gibts also auch liebevolle Momente. Interessant auch die rasante Bootsfahrt durch die Speicherstadt von Hamburg, für mich ja sehr vertrauliche Kulissen. Ein Film, der sich nicht zu ernst nimmt, aber Langeweile kommt nicht auf und von Slapstick, Blödelhumor ist das hier auch weit entfernt. Eher selbstironisch, in jedem Fall kurzweilige Unterhaltung mit Verfolgungsjagden per Auto und Schnellbooten, Schiessereien, Prügeleien, aber auch Familiendramen und natürlich auch eine rührende Liebesgeschichte. Funktioniert bestens im Kino, dafür sind solche Filme ja auch gemacht, aber auch Stubenhockern sei dieser Film empfohlen.

8/10

bei der Drittsichtung (hab mir die Kaufhausversion gekauft, als Bonus ist nur eine Bildergalerie drauf)
müsste ich eigentlich auch 9 Punkte vergeben, das Teil hat mich vom ersten Moment an gerockt (besonders im Kino), es macht immer noch Spass die Sause und könnte ich mir z.B. im Double-Feature mit DER MAFIA BOSS anschauen, ebenfalls eines meiner Lieblingsfilme der letzten Zeit. Tempo, Action, Witz, alles dabei, ach ja und Medusa Silva spielt in beiden Filmen mit. Seit wann können Statuen so viel Action machen? Aber Jürgen Roland hab ich ja auch lieb gewonnen, ich möchte mehr seiner Filme sehen. STAHLNETZ jetzt grad verschlungen, er hat einen eigenen Ordner für Kinomaterial in meinem Regal, aber es gibt noch so vieles, was ich nicht im Regal habe und wenn ich mal was im Fernsehen gesehen habe in den 80ern, dann kann ich mich kaum noch dran erinnern. Grandios, grad als Fast-Hamburger gehört der Kerl einfach in mein Herz wie Heidi Kabel, Inge Meysel, FC St. Pauli usw. snief und natürlich in mein Regal. Der jüngst gedrehte Davidswache Kurzfilm ist allerdings nicht von ihm, sorgte aber auch für eine Menge Aufregung, aber mit sowas macht man ja keine Witzchen, denn uns Roland ist ja schon längst verstorben leider :(
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karlAbundzu
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Re: Zinksärge für die Goldjungen - Jürgen Roland

Beitrag von karlAbundzu »

ZINKSÄRGE FÜR DIE GOLDJUNGEN (D,I 1973)
R: Jürgen Roland, D: Horst Janson, Herbert Fleischmann, Henry Silva, Dan van Husen, Ralf Baldassare, Denes Törzs, Patrizia Gori, Veronique Vendell, M: Lallo Gori

„Wer Action liebt und gnadenlose Realistik, muss von diesem Film begeistert sein“ aus dem Trailer. Oder auch: „Altmodisch ist wieder modern.“ Sylvia Messina. Also eingelegt!
Sehr schöne Edition mit zwei DVDs. Die deutsche Fassung und die ganz anders geschnittene italienische Fassung in einem schönen Schuber und mit Beiheft. Dies ist leider eine Enttäuschung. Wenn man schon so viel Wert auf die Edition legt, warum lässt man den Text in dem Heftchen nicht redigieren. Alles voller Rechtschreib- und Grammatikfehler. Und auch inhaltlich: Jürgen Roland 1943 geboren und kam nach dem Krieg von der Ostfront als Kriegsberichterstatter zurück? Das lässt ja auch an allem anderen Zweifel erheben. Ansonsten launig geschrieben, mir ein wenig zu launig. Schön wäre am Ende auch Produktionsdatenübersicht gewesen. Schade.
Sympatisches Interview mit Horst Janson, uninteressantes mit Henry Silva. Langes gutes Audio-Interview mit Jürgen Roland, weniger zum Film, eher zu seiner eigenen Biographie im filmischen Werk bis Edgar Wallace. Daher leider nichts zu den Zinksärgen. Bild und Ton des deutschen Cuts sehr gut.

Zum Film:
Karatekämpfer aus Hongkong. Hell-Driver aus Frankreich. Rennboot-Meister aus USA. Schon mal drei Höhepunkte genannt. Die Kämpfe sind gut und rasant inszeniert (kommen natürlich nicht an die HKs aus der Zeit ran, ist aber auch eher mit Boxen). Die ans Ende gelegte, ein wenig absurde Auto-Action ist auch schön und geht nahtlos über in eine irre Bootsverfolgungsjagd, die erst eine Art Hafenrundfahrt ist, dann tatsächlich abdreht. Henry Silva dreht einmal eine extra Runde, um auf Fleischmann zu warten, der eigentlich ihn verfolgt, dann „besteigt“ häufiger das gelbe das rote Boot, oder beide Boote hüpfen lustig herum. Am Ende ist das gelbe auf einmal von einer Sekunde auf die andere ganz weit entfernt, macht noch einen Sprung über ein paar Leute, das andere rast in Blohm + Voss rein. Das macht Spaß, danke an die Meister aus den USA.
Davor passiert einiges ungewöhnliches. Grundsätzlich geht es ja darum, dass ein italo-amerikanischer Gangster Hamburgs Unterwelt übernehmen will. Wahrscheinlich lief es in NY oder Chicago nicht so recht. Die einen werden nach Las Vegas abgeschoben, die anderen nach Hamburg. Interessant ist hier der Unterschied zu den Mafia-Filmen US-Amerikas oder Japans. Diese spielen ja meist vollkommen in ihrer eigenen Welt, und die Welt außerhalb von dem organisierten Verbrechen wird ja nur benutzt, und so erscheint diese als cooleres Milieu und wird so glorifiziert. Hier hingegen muss sich angepasst werden, man tarnt sich als Kegelclub und sehr bezeichnend ist hier die Szene mit der Ärztin. Auch die auf dem ersten Blick ungewöhnliche Besetzung mit Herbert Fleischmann als Hamburgs Unterwelt Boss ist so sehr stimmig. Bei Henry Silva hingegen merkt man, das er ein tolles Charaktergesicht ist, aber nicht so sehr ein Schauspieler. Er muss hier durch einige Höhen und Tiefen, ansehen tut man es ihm nicht. Aber er ist von Anfang an hübsch psychopatisch.
Die Musik (soll zusammengeklaubt sein) ist sehr schmissig und gefällt mir gut.
Und, darf nicht fehlen, haufenweise lustige Sprüche, z. B. „Wir machen es auf altdeutsche Art: 20 Mann in Transporter, hin zu Luca und Kahlschlag.“
Apropos altdeutsch: ein Thema ist ja altmodisch, modern, früher Gangster und heute Gangster, oder halt Gebrauchtwarenhändler, bei diesem Konflikt spielt ja auch die Romeo und Julia Geschichte eine Rolle. Im Gegensatz zu amerikanischen Gangsterfilmen wird hier weder altes noch neues Gangstertum als cool erstrebenswert oder mit irgendwelchen ehrenhaften Attributen bezeichnet, eher ist jedes Gangstertum überholt.
Und so ist auch alles sonstige Lasterhaftige der gutbürgerlichen Lebensweise hinten anzustellen, mag man Horst Janson und Patrizia Gordi glauben.
Denes Törzs ist mir gar nicht aufgefallen, achte ich mal bei der Sichtung des Italien-Cuts drauf.

Italo Cut: Der ist tatsächlich anders geschnitten, setzt den Blickpunkt ein wenig anders. Auch die Dialoge sind anders, manchmal en detail manchmal im Ganzen verschieden (falls die nicht ausblendbaren UTs mit äußerst fragwürdiger Zeichensetzung und Rechtschreibung stimmen)
Hamburgs Unterweltboss wird von Anfang an brutaler dargestellt (heißt jetzt auch nicht mehr Westermann, sondern Werner; was ein wenig komisch anmutet, als Sylvia den Namen von einem Kranz vorliest, wo sichtbar der Name Westermann draufsteht).
Der Vorspann stellt uns genauer die einzelnen Darsteller vor (bei dem Herbert Fleischmann ein C geklaut wird) und einen trailer-artigen „Best of“ der Szenen.
In der Story wird häufig auf eine gemeinsame Vergangenheit Werners und Luca verwiesen, die aber der Hamburger seinen Waffengefährten verheimlichte, oder an anderer Stelle wieder absurd wäre. Was da genau war, wird nicht verraten.
Der Ton ist insgesamt weniger lustig, der komische Auftritt der Ärztin fehlt völlig. Und der heimilige Voice over am Ende ist nicht dabei. Die Musik unterscheidet sich auch manchmal, bzw. wurde zum Teil woanders hergeholt.
Wenn man so einen Film in kurzer Zeit zweimal schaut, achtet man ja noch auf anderes. Ich wollte unbedingt Denes Törsz entdecken, was mir dann aber erst mit Hilfe gelang, hätte ich so nicht erkannt, aber wenn man’s weiß….
Sowieso die Nebendarsteller: Raf Baldassare gibt eine gute teils kalte teils schwache Nummer 1, Dan van Husen einen fiesen Schläger (mit einem Satz), Törsz ballert halt nur rum. Bei den Frauen hinterließ Sonia Jeanine den größten Eindruck, die Rolle der Bettgespielin, die alles spielerisch nimmt, aber eigentlich auch Durchblick hat, verkörpert sie toll. Horst Jansons Schlacksigkeit gepaart mit dieser naiver 60er Lässigkeit passt hervorragend zu der Rolle.
Insgesamt gefiel mir der deutsche Cut doch besser.
Hier gibt es noch einen hidden feature: eine 15minütige zeitgenössische Doku über den Hamburger Hafen und deren Arbeitsweisen, spannend daher, weil er sozusagen vom Beginn der Containerzeit berichtet.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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Re: Zinksärge für die Goldjungen - Jürgen Roland

Beitrag von Arkadin »

Mochte ich gerne, auch wenn er mich nicht so vom Hocker gehauen hat, wie ich erwartet habe. Großartig fand ich diesen ganzen gutbürgerlichen Muff. Das Dekor der Wohnungen und Kneipen ist ja nun wirklich ein 70er-Albtraum sondergleichen. Nix mit chic, da schmeckt man quasi den Staub der Polsterbezüge und den Mief der schweren Holzschränke. Fürchterlich, aber faszinierend. Super auch wieder mal den netten und sympathischen Dénes Törzs als fiesen Schläger zu sehen. Das Finale im Hamburger Hafen ist auch spitze. Was mich störte war die völlig überzogene Gangstermutti, und dass Silva irgendwie zu weich wirkte. Die DVD hat übrigens ein wirklich schönes Interview mit einem gut aufgelegten Horst Janson, der eine nette Geschichte über Patrizia Goris Brüste erzählt.
Früher war mehr Lametta
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Arkadin
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Re: Zinksärge für die Goldjungen - Jürgen Roland

Beitrag von Arkadin »

karlAbundzu hat geschrieben:sehr bezeichnend ist hier die Szene mit der Ärztin.


Das war übrigens Johanna König. Besser bekannt als "Klementine".

karlAbundzu hat geschrieben:Törsz ballert halt nur rum.


Na, am Anfang schwingt er doch auch noch das Rasiermesser. Ich war überrascht, dass er so eine große Rolle hatte.
karlAbundzu hat geschrieben:Bei den Frauen hinterließ Sonia Jeanine den größten Eindruck, die Rolle der Bettgespielin, die alles spielerisch nimmt, aber eigentlich auch Durchblick hat, verkörpert sie toll. .
Stimmt. Die war super. :thup:
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