Tatort / Polizeiruf 110 - Kritiken und Diskussionen
Moderator: jogiwan
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Re: Tatort / Polizeiruf 110 - Kritiken und Diskussionen
Tatort München: Schau mich an
In einem Abwasserkanal wird eine zerstückelte Leiche in einem Koffer gekommen. Batic, Leitmayr und Kalli begeben sich in die tiefen des Dark Nets, sie stoßen auf Tierquäl-, Folter - und Mordvideos.
Hui, harter Tobak. Auch wenn wir meist nur die Ermittler sehen während sie die einschlägigen Videos anschauen, doch die Tonspur, die Reaktion der Kommissare und unser Wissen um was da passiert, machen es fast unerträglich.
Der Fall ist spannend, hat in der Mitte einen frischen aufklärenden Twist. Dazu machte ich mir die ganze Zeit Sorgen um den Hund von Leitmayr, Lucki.
An manchen Stellen waren die Schlüsse der Ermittler nicht ganz nachzuvollziehen, entweder zu schnell erzählt oder Erkenntnisse ausgelassen. Und der Psycho überschreitet dann doch mal die Grenze zum abgenudelten Klischee, zB macht er im Schauspielunterricht den Travis Bickle.
Aber der Ekel und die Faszination der Serientäter, der Gewalt und Macht wird gut eingebracht.
Dazu bekommt Kalli mehr Raum und Persönlichkeit.
Mal sehen, ob er bleibt, wenn Nemec und Wachtveitl die 100 vollmachen.
In einem Abwasserkanal wird eine zerstückelte Leiche in einem Koffer gekommen. Batic, Leitmayr und Kalli begeben sich in die tiefen des Dark Nets, sie stoßen auf Tierquäl-, Folter - und Mordvideos.
Hui, harter Tobak. Auch wenn wir meist nur die Ermittler sehen während sie die einschlägigen Videos anschauen, doch die Tonspur, die Reaktion der Kommissare und unser Wissen um was da passiert, machen es fast unerträglich.
Der Fall ist spannend, hat in der Mitte einen frischen aufklärenden Twist. Dazu machte ich mir die ganze Zeit Sorgen um den Hund von Leitmayr, Lucki.
An manchen Stellen waren die Schlüsse der Ermittler nicht ganz nachzuvollziehen, entweder zu schnell erzählt oder Erkenntnisse ausgelassen. Und der Psycho überschreitet dann doch mal die Grenze zum abgenudelten Klischee, zB macht er im Schauspielunterricht den Travis Bickle.
Aber der Ekel und die Faszination der Serientäter, der Gewalt und Macht wird gut eingebracht.
Dazu bekommt Kalli mehr Raum und Persönlichkeit.
Mal sehen, ob er bleibt, wenn Nemec und Wachtveitl die 100 vollmachen.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
Re: Tatort / Polizeiruf 110 - Kritiken und Diskussionen
In der Tat seit langem mal wieder ein „harter“ mit gelungenem Twist. Trotz der etwas holprigen Erzählweise wirklich gelungen!karlAbundzu hat geschrieben: ↑Mo 8. Apr 2024, 15:00 Tatort München: Schau mich an
In einem Abwasserkanal wird eine zerstückelte Leiche in einem Koffer gekommen. Batic, Leitmayr und Kalli begeben sich in die tiefen des Dark Nets, sie stoßen auf Tierquäl-, Folter - und Mordvideos.
Hui, harter Tobak. Auch wenn wir meist nur die Ermittler sehen während sie die einschlägigen Videos anschauen, doch die Tonspur, die Reaktion der Kommissare und unser Wissen um was da passiert, machen es fast unerträglich.
Der Fall ist spannend, hat in der Mitte einen frischen aufklärenden Twist. Dazu machte ich mir die ganze Zeit Sorgen um den Hund von Leitmayr, Lucki.
An manchen Stellen waren die Schlüsse der Ermittler nicht ganz nachzuvollziehen, entweder zu schnell erzählt oder Erkenntnisse ausgelassen. Und der Psycho überschreitet dann doch mal die Grenze zum abgenudelten Klischee, zB macht er im Schauspielunterricht den Travis Bickle.
Aber der Ekel und die Faszination der Serientäter, der Gewalt und Macht wird gut eingebracht.
Dazu bekommt Kalli mehr Raum und Persönlichkeit.
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- karlAbundzu
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Re: Tatort / Polizeiruf 110 - Kritiken und Diskussionen
Tatort Zürich: Von Affen und Menschen
Im Zürcher Zoo wird ein Schimpanse umgebracht. Fast folgerichtig passiert daraufhin eine Mordserie, bei dem die Kommissarinnen kaum hinterher ermitteln können, derweil sie beide auch ein Schlafdefizit nervt.
Sehr amüsanter Krimi, die Chemie zwischen Ott und Grandjean ist hervorragend, beide bekommen auch ein bisschen ihre private Geschichte, richtig tolles Buch, haufenweise schräge Figuren und stark mit richtigem Timing inszeniert.
Gefiel mir sehr gut.
Im Zürcher Zoo wird ein Schimpanse umgebracht. Fast folgerichtig passiert daraufhin eine Mordserie, bei dem die Kommissarinnen kaum hinterher ermitteln können, derweil sie beide auch ein Schlafdefizit nervt.
Sehr amüsanter Krimi, die Chemie zwischen Ott und Grandjean ist hervorragend, beide bekommen auch ein bisschen ihre private Geschichte, richtig tolles Buch, haufenweise schräge Figuren und stark mit richtigem Timing inszeniert.
Gefiel mir sehr gut.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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Re: Tatort / Polizeiruf 110 - Kritiken und Diskussionen
Die "Polizeiruf 110"-Episode "Herbstzeit" erscheint voraussichtlich am 19.04.2024 bei OneGate noch einmal auf DVD:
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Diese Filme sind züchisch krank!
Re: Tatort / Polizeiruf 110 - Kritiken und Diskussionen
„Tatort Zürich - Von Affen und Menschen“
Hmmm… ich und lustige „Tatort“-Folgen werden einfach nicht mehr die besten Freunde.
Dieser war zumindest nicht völlig peinlich (Münster, ich rede mit euch…) und bot sogar eine halbwegs vernünftige Story, hat mich aber trotz einiger Lacher nicht wirklich abgeholt. 05/10
Hmmm… ich und lustige „Tatort“-Folgen werden einfach nicht mehr die besten Freunde.
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Re: Tatort / Polizeiruf 110 - Kritiken und Diskussionen
Polizeiruf Halle an der Saale: Der Dicke liebt
Harter Stoff. Ein Mädchen verschwindet und wird tot und missbraucht gefunden. Koitzsch und Lehmann ermitteln. Sehr unterschiedlich und nicht gerade kommunikativ.
Der Verdacht fällt schnell auf den fettleibigen Lehrer, Single, Nachhilfegebend und leicht übergriffig. Mit einem Hang zu Stofftieren. Klingt ein bisschen sehr nach der Klischee Kiste, so dass mir relativ klar war, daß er es nicht sein kann. Aber der Schauspieler Sascha Nathan macht das wirklich hervorragend.
Das gibt es auch einen Prekariats-Mob, der ihn an den Kragen will. Die sind leider allzu sehr Abziehbilder.
Tatsächlich geht es neben dem Lehrer auch sehr um die Kommissare, die Aufklärung des Falls wird mit den persönlichen Geschichten verbunden. Koitzsch verliert gleich zu Beginn seinen Führerschein wegen Alkohol am Steuer, und battled sich mit Jack Londons König Alkohol Zitaten mit seinen Vorgesetzten. So setzt er seine Kombinationsgabe und seine alten Seilschaften ein, so wie Lehmann sein Einfühlungsvermögen, der zur Bewältigung so heftiger Sachen Halt in der Familie und dem Glauben hat, doch auch das hinterlässt dort Spuren.
Kurth und Schneider spielen das stark, gute Chemie zwischen den beiden, und das Setting im runtergerotzten Keller im Kommissariat passt auch.
Schön auch gefilmt, gerade, wenn die Tat und die Ermittlungen der beiden überblendet werden.
Der Titel bezieht sich anscheinend nicht nur auf die Krimistory, sondern auch auf die Suche nach Liebe von Koitzsch, der wohl die Konrektorin dated, doch um das völlig zu durchschauen fehlt mir leider der vorherige erste Fall, der nachgeholt werden wird, da die beiden mir gefallen.
Harter Stoff. Ein Mädchen verschwindet und wird tot und missbraucht gefunden. Koitzsch und Lehmann ermitteln. Sehr unterschiedlich und nicht gerade kommunikativ.
Der Verdacht fällt schnell auf den fettleibigen Lehrer, Single, Nachhilfegebend und leicht übergriffig. Mit einem Hang zu Stofftieren. Klingt ein bisschen sehr nach der Klischee Kiste, so dass mir relativ klar war, daß er es nicht sein kann. Aber der Schauspieler Sascha Nathan macht das wirklich hervorragend.
Das gibt es auch einen Prekariats-Mob, der ihn an den Kragen will. Die sind leider allzu sehr Abziehbilder.
Tatsächlich geht es neben dem Lehrer auch sehr um die Kommissare, die Aufklärung des Falls wird mit den persönlichen Geschichten verbunden. Koitzsch verliert gleich zu Beginn seinen Führerschein wegen Alkohol am Steuer, und battled sich mit Jack Londons König Alkohol Zitaten mit seinen Vorgesetzten. So setzt er seine Kombinationsgabe und seine alten Seilschaften ein, so wie Lehmann sein Einfühlungsvermögen, der zur Bewältigung so heftiger Sachen Halt in der Familie und dem Glauben hat, doch auch das hinterlässt dort Spuren.
Kurth und Schneider spielen das stark, gute Chemie zwischen den beiden, und das Setting im runtergerotzten Keller im Kommissariat passt auch.
Schön auch gefilmt, gerade, wenn die Tat und die Ermittlungen der beiden überblendet werden.
Der Titel bezieht sich anscheinend nicht nur auf die Krimistory, sondern auch auf die Suche nach Liebe von Koitzsch, der wohl die Konrektorin dated, doch um das völlig zu durchschauen fehlt mir leider der vorherige erste Fall, der nachgeholt werden wird, da die beiden mir gefallen.
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Re: Tatort / Polizeiruf 110 - Kritiken und Diskussionen
Polizeiruf 110: Der Dicke liebt
„Trinken, um zu vergessen. Trinken, um zu vergessen, dass man trinkt. Trinken aus Frustration.“
Zum 50. Jubiläum der Fernsehkrimireihe „Polizeiruf 110“ hatte man mit Henry Koitzsch (Peter Kurth, „Good Bye, Lenin!“) und Michael Lehmann (Peter Schneider, „Als wir träumten“) ein neues Hallenser Ermittlerduo eingeführt, das Ende Mai 2021 in „An der Saale hellem Strande“ erstmals aktiv werden durfte. Lange Zeit war zu befürchten, dass es bei dieser einen Ausnahme bleiben und kein zweiter Fall folgen sollte. Diese Sorge erwies sich jedoch als unbegründet, denn knapp drei Jahre später, am 21. April 2024, gab es in der Episode „Der Dicke liebt“ ein erneut von Clemens Meyer und Thomas Stuber geschriebenes und von Stuber auch inszeniertes Wiedersehen mit den beiden.
„Bitte stapeln Sie diese Kugeln.“
Der alternde Hallenser Kriminalhauptkommissar Henry Koitzsch verliert seinen Führerschein wegen Trunkenheit am Steuer und sieht sich nicht nur dadurch mit seinem Alkoholproblem konfrontiert, mit dem er jedoch relativ gelassen umgeht. Eine andere Konfrontation schmerzt mehr; ein Schmerz, den der Alkohol zu betäuben hilft: Die achtjährige Inka (Merle Staacken, „Zwei Weihnachtsmänner sind einer zu viel“) wird in einer Kleingartenkolonie ermordet und missbraucht aufgefunden. Koitzsch ermittelt zusammen mit seinem jüngeren Kollegen Michael Lehmann, unternimmt aber auch Alleingänge. So lernt er Inkas Eltern (Katrin Hansmeier, „Das letzte Schweigen“ und Matthias Walter, „Stubbe – Von Fall zu Fall“) ebenso kennen wie Inkas Mathe- und Nachhilfelehrer Herrn Krein (Sascha Nathan, „Im Westen nichts Neues“), einen alleinstehenden adipösen Sonderling mit exorbitanter Plüschteddy-Sammlung, der einen guten Draht zum Opfer hatte und sich nun auffallend stark um seine kleine Schülerin Juli (Romy Miesner) kümmert. Nicht nur für die Polizei wirkt er dadurch verdächtig. Bei der stellvertretenden Rektorin an seiner Schule handelt es sich ausgerechnet um Monika Hollig (Susanne Böwe, „Herbert“), mit der Koitzsch einst ein Blind Date hatte. Wird sie entscheidende Hinweise geben können?
„Versuchte Penetration mit einem Gegenstand.“
Koitzsch fährt Schlangenlinien. Koitzsch muss zum Rapport. Koitzsch tauscht Jack-London-Zitate mit dem Amtsarzt aus. Der Auftakt gehört ganz ihm. Szenenwechsel, Grundschule, Mathe-Unterricht: Dass Schülerin Inka verschwunden ist, lässt ein eingespieltes Telefonat der Mutter wissen – eines der ersten von vielen achronologisch über die Handlung gelegten Erzählelementen, die sich durch den Stil dieser Episode ziehen. Koitzschs und Lehmanns Büro sieht aus wie ein Kellerverschlag, Baustellenlärm inklusive. Das wirkt mindestens so abgerockt wie Koitsch. Jüngere Kolleginnen und Kollegen führen Befragungen durch, denn die Mordkommission ist noch gar nicht zuständig. Dies wird sie erst nach dem Leichenfund im Kleingarten. Vorher hat man als Zuschauerin oder Zuschauer bereits Lehrer Krein kennengelernt, ihm dabei zugesehen, wie er der kleinen Juli Nachhilfe gibt und wie er einkaufen geht, Bekanntschaft mit seiner Teddybärensammlung auf dem heimischen Sofa gemacht.
„Manchmal bin ich froh, dass ich keine Kinder hab‘…“
Dieser (von Sascha Nathan überragend zwischen bemitleidenswert, bedrohlich und abstoßend gespielte) scheint bei seiner Befragung auch sehr angefasst. Der Täter soll jedoch recht schwer gewesen sein, was den übergewichtigen Krein zusätzlich verdächtig macht. Davon unabhängig werden polizeibekannte Pädophile abgeklappert, ein Vorbestrafter wohnt gar nahe der Schule – und verstößt gegen seine Auflagen. Zu wichtigen Zeugen werden ausgenüchterte Obdachlose, die sich in der Nähe des Tatorts aufhielten. Ähnliches gilt für eine demente alte Dame, die man in ihrem Pflegeheim behutsam befragt. Derweil macht ein wütender Mob (u.a. Johannes Kienast, „Neue Vahr Süd“) bereits Jagd auf Lehrer Krein. Dieses Figurenpanoptikum passt zu diesem sozialrealistisch „Polizeiruf“, in dem es keinerlei Platz für optimistische Heldenfiguren gibt und der die Belastungen der beiden Ermittler aufzeigt, die nicht nur an Fällen wie diesem zu zerbrechen drohen, sich sogar untereinander in die Haare kriegen und dennoch fieberhaft nach Hinweisen suchen; so auch, als Koitzsch den „Tag der Volkspolizei“ mit Rechtsmediziner Reinhold (Andreas Leupold, „Kriegerin“) und seinem Ex-Kollegen Thomas Grawe (DDR-„Polizeiruf 110“-Veteran Andreas Schmidt-Schaller) feiert. Bei einer erneuten Inspektion des Tatorts findet man tatsächlich etwas. Klassische trifft auf unkonventionelle Polizeiarbeit in einem trotz bestem Sommerwetter düsteren sozialen Panorama.
„Manchmal ist es besser, wenn du als Ermittler nur am Rand stehst…“
Auch wenn „Der Dicke liebt“ trotz Whodunit? kein vornehmlich auf Spannung ausgerichteter Fall ist, wird seinem Publikum erst im letzten Drittel ein Wissensvorsprung gegenüber den Ermittlern gegönnt – der aber nur kurz währt. Am Ende dürfte sich jeder einen anderen Ausgang gewünscht haben, doch Meyer und Stuber ersparen ihren Zuschauerinnen und Zuschauern nichts. So wirkt denn das in die Sprachlosigkeit platzende „Summertime“-Lied ausgesprochen zynisch. Der nachdenkliche Epilog verwischt die Grenzen zwischen dem fertig wirkenden, lakonischen und direkten Gesetzeshüter Koitzsch und verurteilten Straftätern, wenn Koitzsch hinter Gefängnismauern mit einem Knacki wieder zur Flasche greift.
Die in einem modernen, zeitgemäßen Post-Neo-noir-Stil gehaltene Episode mit ihren verlangsamten Bildern, den Unschärfen, der sehr getragenen musikalischen Untermalung und den Kinderstimmen als Geräuschkulisse, diese fatalistische Abhandlung über Vorverurteilung, Selbstjustiz und Einsamkeit, ist ein Film wie ein Onkelz-Song (das Getragene, der negative Blick auf die Gesellschaft, die Kinderschänder-/mörder-Thematik, der Alkohol…); ein hervorragend gemachter Downer, nach dem man sich am liebsten die Decke über den Kopf zieht und sich eng an den/die Liebste(n) kuschelt – oder an seinen Lieblingsteddy…
Ein wie schon sein Vorgänger „An der Saale hellem Strande“ herausragender Beitrag zur „Polizeiruf 110“-Reihe, in dem lediglich die Zeit für ein ausführlicheres Täterporträt zu knapp bemessen scheint. 8,5 von 10 Jack-London-Zitaten dafür.
„Trinken, um zu vergessen. Trinken, um zu vergessen, dass man trinkt. Trinken aus Frustration.“
Zum 50. Jubiläum der Fernsehkrimireihe „Polizeiruf 110“ hatte man mit Henry Koitzsch (Peter Kurth, „Good Bye, Lenin!“) und Michael Lehmann (Peter Schneider, „Als wir träumten“) ein neues Hallenser Ermittlerduo eingeführt, das Ende Mai 2021 in „An der Saale hellem Strande“ erstmals aktiv werden durfte. Lange Zeit war zu befürchten, dass es bei dieser einen Ausnahme bleiben und kein zweiter Fall folgen sollte. Diese Sorge erwies sich jedoch als unbegründet, denn knapp drei Jahre später, am 21. April 2024, gab es in der Episode „Der Dicke liebt“ ein erneut von Clemens Meyer und Thomas Stuber geschriebenes und von Stuber auch inszeniertes Wiedersehen mit den beiden.
„Bitte stapeln Sie diese Kugeln.“
Der alternde Hallenser Kriminalhauptkommissar Henry Koitzsch verliert seinen Führerschein wegen Trunkenheit am Steuer und sieht sich nicht nur dadurch mit seinem Alkoholproblem konfrontiert, mit dem er jedoch relativ gelassen umgeht. Eine andere Konfrontation schmerzt mehr; ein Schmerz, den der Alkohol zu betäuben hilft: Die achtjährige Inka (Merle Staacken, „Zwei Weihnachtsmänner sind einer zu viel“) wird in einer Kleingartenkolonie ermordet und missbraucht aufgefunden. Koitzsch ermittelt zusammen mit seinem jüngeren Kollegen Michael Lehmann, unternimmt aber auch Alleingänge. So lernt er Inkas Eltern (Katrin Hansmeier, „Das letzte Schweigen“ und Matthias Walter, „Stubbe – Von Fall zu Fall“) ebenso kennen wie Inkas Mathe- und Nachhilfelehrer Herrn Krein (Sascha Nathan, „Im Westen nichts Neues“), einen alleinstehenden adipösen Sonderling mit exorbitanter Plüschteddy-Sammlung, der einen guten Draht zum Opfer hatte und sich nun auffallend stark um seine kleine Schülerin Juli (Romy Miesner) kümmert. Nicht nur für die Polizei wirkt er dadurch verdächtig. Bei der stellvertretenden Rektorin an seiner Schule handelt es sich ausgerechnet um Monika Hollig (Susanne Böwe, „Herbert“), mit der Koitzsch einst ein Blind Date hatte. Wird sie entscheidende Hinweise geben können?
„Versuchte Penetration mit einem Gegenstand.“
Koitzsch fährt Schlangenlinien. Koitzsch muss zum Rapport. Koitzsch tauscht Jack-London-Zitate mit dem Amtsarzt aus. Der Auftakt gehört ganz ihm. Szenenwechsel, Grundschule, Mathe-Unterricht: Dass Schülerin Inka verschwunden ist, lässt ein eingespieltes Telefonat der Mutter wissen – eines der ersten von vielen achronologisch über die Handlung gelegten Erzählelementen, die sich durch den Stil dieser Episode ziehen. Koitzschs und Lehmanns Büro sieht aus wie ein Kellerverschlag, Baustellenlärm inklusive. Das wirkt mindestens so abgerockt wie Koitsch. Jüngere Kolleginnen und Kollegen führen Befragungen durch, denn die Mordkommission ist noch gar nicht zuständig. Dies wird sie erst nach dem Leichenfund im Kleingarten. Vorher hat man als Zuschauerin oder Zuschauer bereits Lehrer Krein kennengelernt, ihm dabei zugesehen, wie er der kleinen Juli Nachhilfe gibt und wie er einkaufen geht, Bekanntschaft mit seiner Teddybärensammlung auf dem heimischen Sofa gemacht.
„Manchmal bin ich froh, dass ich keine Kinder hab‘…“
Dieser (von Sascha Nathan überragend zwischen bemitleidenswert, bedrohlich und abstoßend gespielte) scheint bei seiner Befragung auch sehr angefasst. Der Täter soll jedoch recht schwer gewesen sein, was den übergewichtigen Krein zusätzlich verdächtig macht. Davon unabhängig werden polizeibekannte Pädophile abgeklappert, ein Vorbestrafter wohnt gar nahe der Schule – und verstößt gegen seine Auflagen. Zu wichtigen Zeugen werden ausgenüchterte Obdachlose, die sich in der Nähe des Tatorts aufhielten. Ähnliches gilt für eine demente alte Dame, die man in ihrem Pflegeheim behutsam befragt. Derweil macht ein wütender Mob (u.a. Johannes Kienast, „Neue Vahr Süd“) bereits Jagd auf Lehrer Krein. Dieses Figurenpanoptikum passt zu diesem sozialrealistisch „Polizeiruf“, in dem es keinerlei Platz für optimistische Heldenfiguren gibt und der die Belastungen der beiden Ermittler aufzeigt, die nicht nur an Fällen wie diesem zu zerbrechen drohen, sich sogar untereinander in die Haare kriegen und dennoch fieberhaft nach Hinweisen suchen; so auch, als Koitzsch den „Tag der Volkspolizei“ mit Rechtsmediziner Reinhold (Andreas Leupold, „Kriegerin“) und seinem Ex-Kollegen Thomas Grawe (DDR-„Polizeiruf 110“-Veteran Andreas Schmidt-Schaller) feiert. Bei einer erneuten Inspektion des Tatorts findet man tatsächlich etwas. Klassische trifft auf unkonventionelle Polizeiarbeit in einem trotz bestem Sommerwetter düsteren sozialen Panorama.
„Manchmal ist es besser, wenn du als Ermittler nur am Rand stehst…“
Auch wenn „Der Dicke liebt“ trotz Whodunit? kein vornehmlich auf Spannung ausgerichteter Fall ist, wird seinem Publikum erst im letzten Drittel ein Wissensvorsprung gegenüber den Ermittlern gegönnt – der aber nur kurz währt. Am Ende dürfte sich jeder einen anderen Ausgang gewünscht haben, doch Meyer und Stuber ersparen ihren Zuschauerinnen und Zuschauern nichts. So wirkt denn das in die Sprachlosigkeit platzende „Summertime“-Lied ausgesprochen zynisch. Der nachdenkliche Epilog verwischt die Grenzen zwischen dem fertig wirkenden, lakonischen und direkten Gesetzeshüter Koitzsch und verurteilten Straftätern, wenn Koitzsch hinter Gefängnismauern mit einem Knacki wieder zur Flasche greift.
Die in einem modernen, zeitgemäßen Post-Neo-noir-Stil gehaltene Episode mit ihren verlangsamten Bildern, den Unschärfen, der sehr getragenen musikalischen Untermalung und den Kinderstimmen als Geräuschkulisse, diese fatalistische Abhandlung über Vorverurteilung, Selbstjustiz und Einsamkeit, ist ein Film wie ein Onkelz-Song (das Getragene, der negative Blick auf die Gesellschaft, die Kinderschänder-/mörder-Thematik, der Alkohol…); ein hervorragend gemachter Downer, nach dem man sich am liebsten die Decke über den Kopf zieht und sich eng an den/die Liebste(n) kuschelt – oder an seinen Lieblingsteddy…
Ein wie schon sein Vorgänger „An der Saale hellem Strande“ herausragender Beitrag zur „Polizeiruf 110“-Reihe, in dem lediglich die Zeit für ein ausführlicheres Täterporträt zu knapp bemessen scheint. 8,5 von 10 Jack-London-Zitaten dafür.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Tatort / Polizeiruf 110 - Kritiken und Diskussionen
Tatort: Die Macht des Schicksals
„Seit wann sagt der Schauspieler dem Regisseur, was gemacht wird?!“
Die leider letzten beiden „Tatort“-Einsätze des Münchner Kriminalhauptkommissars Ludwig Lenz (Helmut Fischer) inszenierte Reinhard Schwabenitzky („Didi, der Doppelgänger“), der weder davor noch im Anschluss als Regisseur für die öffentlich-rechtliche Krimireihe in Erscheinung getreten war. Auch die Autoren der letzten beiden Fälle sind identisch: Ulf Miehe und Klaus Richter. Schwabenitzky drehte „Die Macht des Schicksals“ im Frühjahr 1986, die Erstausstrahlung datiert auf den 25. Januar 1987.
„Das hat nichts mit Ausziehen zu tun, das ist Kunst!“
Ein erfolgloser Kleindarsteller gibt sich in München als Kommissar Heinz Eckhoff (Gunnar Möller, „Ich denke oft an Piroschka“) aus, um wohlhabende Bürgerinnen und Bürger auszunehmen: Er fingiert Erpressungen, lässt sich von den Opfern das Lösegeld aushändigen und verspricht, es nach der unmittelbar bevorstehenden Festnahme der (gar nicht existierenden) Täter zurückzugeben – was er natürlich nicht tut. In Franz Kleppinger (Winfried Hübner, „Ein Bayer auf Rügen“) und August Knopf (Frank Schuster, „Die Undankbare“) hat er zwei Komplizen, die sich als Polizisten ausgeben. Doch nachdem er Herrn Lange (Ulrich Beiger, „Gesprengte Ketten“) 150.000 DM abgenommen hat, lässt er versehentlich seinen falschen Dienstausweis bei ihm liegen. Als er zurückkehrt, um ihn abzuholen, trifft er auf den Einbrecher Heinz Stolle (Sebastian Koch, „Todesspiel“), der Herrn Lange bereits erschossen hat, als er sich an dessen Safe zu schaffen machte. Stolle hält Eckhoff und Co. für echte Polizisten und erschießt auf seiner Flucht auch Kleppinger, dessen Leiche Eckhoff verschwinden lässt. Dieses undurchsichtige Geflecht gilt es nun für den echten Kommissar Lenz zu entwirren, während Stolle hinter dem Geld her ist, das er im Safe vermutet hatte – aber längst Eckhoff ausgehändigt worden war. Dieser versteckt sich beim Gastwirt Hawratil (Karl Merkatz, „Ein echter Wiener geht nicht unter“). Lenz‘ Spur führt unter anderem zu Filmproduzent Rudi Fink (Hans Clarin, „Pepe, der Paukerschreck“), dessen Ehefrau, die Schauspielerin Liane (Elfi Eschke, „Büro, Büro“), ihn mit dem Kameramann betrügt: Heinz Stolle…
„Der ist doch größenwahnsinnig, vergleicht sich mit Fellini!“
Kommissar Lenz bekommt hier einen neuen Kriminalobermeister zur Seite gestellt, der Josef Brettschneider ersetzt: Franzjosef Schneider (Georg Einerdinger, „Liebesgrüße aus der Lederhose“). Mit diesem fremdelt er arg, was Grundlage für einige humoristische Szenen ist. Generell hat dieser Fall einiges von einem Kabarettstück, von der schrulligen Darstellung von Figuren wie jenem Senioren, der behauptet, seine Frau umgebracht zu haben (wodurch die Polizei erst auf Kleppingers Leichnam stößt) bis zur Parodie auf den Spielfilmbetrieb, den hier das ungleiche Trio Rudi Funk, Liane Fink und Heinz Stolle repräsentiert, das zugleich eine ungesunde Dreiecksbeziehung unterhält. Elfi Eschke wird mit einem gewissen Sex-Appeal in Szene gesetzt und als furchtbar widerborstige, ihren Mann wann immer es geht düpierende Person gezeichnet, während Fink das schnelle Geld mit Sexszenen zu machen versucht. Die Dialoge stecken voller Seitenhiebe aufs Filmgeschäft und die Szenen von Finks Drehversuchen sind köstlich. (In dessen Studio finden sich übrigens einige reale Filmplakate, u.a. von Wes Cravens „Todestal der Wölfe“.)
„Ich versteh‘ nur Friedhof.“
Die Handlung mutet trotz Verzichts auf Whodunit? oder Motiv-Rätselraten etwas fordernd und komplex an; um nicht gleich zu Beginn den Faden zu verlieren, ist etwas Konzentration gefragt. Die Tendenz zur Überkonstruktion wird aber durch die humorigen und persiflierenden Ansätze wettgemacht, das Schauspiel-Ensemble verkauft sich alles andere als unter Wert und Helmut Fischer bekommt es in seiner Rolle als Lenz gewissermaßen einmal mehr mit der Schickeria zu tun – zumindest dürften sich die Finks ihr zugehörig fühlen. Dass gegen Ende ein weiterer Mord sozusagen als Film im Film inszeniert wird, ist die Kirsche auf der Sahnehaube dieser vergnüglichen „Tatort“-Episode, der lediglich ein wenig mehr klassische Krimi-Spannung gutgetan hätte.
„Seit wann sagt der Schauspieler dem Regisseur, was gemacht wird?!“
Die leider letzten beiden „Tatort“-Einsätze des Münchner Kriminalhauptkommissars Ludwig Lenz (Helmut Fischer) inszenierte Reinhard Schwabenitzky („Didi, der Doppelgänger“), der weder davor noch im Anschluss als Regisseur für die öffentlich-rechtliche Krimireihe in Erscheinung getreten war. Auch die Autoren der letzten beiden Fälle sind identisch: Ulf Miehe und Klaus Richter. Schwabenitzky drehte „Die Macht des Schicksals“ im Frühjahr 1986, die Erstausstrahlung datiert auf den 25. Januar 1987.
„Das hat nichts mit Ausziehen zu tun, das ist Kunst!“
Ein erfolgloser Kleindarsteller gibt sich in München als Kommissar Heinz Eckhoff (Gunnar Möller, „Ich denke oft an Piroschka“) aus, um wohlhabende Bürgerinnen und Bürger auszunehmen: Er fingiert Erpressungen, lässt sich von den Opfern das Lösegeld aushändigen und verspricht, es nach der unmittelbar bevorstehenden Festnahme der (gar nicht existierenden) Täter zurückzugeben – was er natürlich nicht tut. In Franz Kleppinger (Winfried Hübner, „Ein Bayer auf Rügen“) und August Knopf (Frank Schuster, „Die Undankbare“) hat er zwei Komplizen, die sich als Polizisten ausgeben. Doch nachdem er Herrn Lange (Ulrich Beiger, „Gesprengte Ketten“) 150.000 DM abgenommen hat, lässt er versehentlich seinen falschen Dienstausweis bei ihm liegen. Als er zurückkehrt, um ihn abzuholen, trifft er auf den Einbrecher Heinz Stolle (Sebastian Koch, „Todesspiel“), der Herrn Lange bereits erschossen hat, als er sich an dessen Safe zu schaffen machte. Stolle hält Eckhoff und Co. für echte Polizisten und erschießt auf seiner Flucht auch Kleppinger, dessen Leiche Eckhoff verschwinden lässt. Dieses undurchsichtige Geflecht gilt es nun für den echten Kommissar Lenz zu entwirren, während Stolle hinter dem Geld her ist, das er im Safe vermutet hatte – aber längst Eckhoff ausgehändigt worden war. Dieser versteckt sich beim Gastwirt Hawratil (Karl Merkatz, „Ein echter Wiener geht nicht unter“). Lenz‘ Spur führt unter anderem zu Filmproduzent Rudi Fink (Hans Clarin, „Pepe, der Paukerschreck“), dessen Ehefrau, die Schauspielerin Liane (Elfi Eschke, „Büro, Büro“), ihn mit dem Kameramann betrügt: Heinz Stolle…
„Der ist doch größenwahnsinnig, vergleicht sich mit Fellini!“
Kommissar Lenz bekommt hier einen neuen Kriminalobermeister zur Seite gestellt, der Josef Brettschneider ersetzt: Franzjosef Schneider (Georg Einerdinger, „Liebesgrüße aus der Lederhose“). Mit diesem fremdelt er arg, was Grundlage für einige humoristische Szenen ist. Generell hat dieser Fall einiges von einem Kabarettstück, von der schrulligen Darstellung von Figuren wie jenem Senioren, der behauptet, seine Frau umgebracht zu haben (wodurch die Polizei erst auf Kleppingers Leichnam stößt) bis zur Parodie auf den Spielfilmbetrieb, den hier das ungleiche Trio Rudi Funk, Liane Fink und Heinz Stolle repräsentiert, das zugleich eine ungesunde Dreiecksbeziehung unterhält. Elfi Eschke wird mit einem gewissen Sex-Appeal in Szene gesetzt und als furchtbar widerborstige, ihren Mann wann immer es geht düpierende Person gezeichnet, während Fink das schnelle Geld mit Sexszenen zu machen versucht. Die Dialoge stecken voller Seitenhiebe aufs Filmgeschäft und die Szenen von Finks Drehversuchen sind köstlich. (In dessen Studio finden sich übrigens einige reale Filmplakate, u.a. von Wes Cravens „Todestal der Wölfe“.)
„Ich versteh‘ nur Friedhof.“
Die Handlung mutet trotz Verzichts auf Whodunit? oder Motiv-Rätselraten etwas fordernd und komplex an; um nicht gleich zu Beginn den Faden zu verlieren, ist etwas Konzentration gefragt. Die Tendenz zur Überkonstruktion wird aber durch die humorigen und persiflierenden Ansätze wettgemacht, das Schauspiel-Ensemble verkauft sich alles andere als unter Wert und Helmut Fischer bekommt es in seiner Rolle als Lenz gewissermaßen einmal mehr mit der Schickeria zu tun – zumindest dürften sich die Finks ihr zugehörig fühlen. Dass gegen Ende ein weiterer Mord sozusagen als Film im Film inszeniert wird, ist die Kirsche auf der Sahnehaube dieser vergnüglichen „Tatort“-Episode, der lediglich ein wenig mehr klassische Krimi-Spannung gutgetan hätte.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Tatort / Polizeiruf 110 - Kritiken und Diskussionen
Tatort: Tod im Elefantenhaus
Bullen im Tierpark
„Ich kann diese ganzen akademischen Klugscheißer nicht ab!“
Der sechste Einsatz des Hamburger Ermittlerduos Stoever (Manfred Krug) / Brockmöller (Charles Brauer) ist einer der seltenen Fälle von Romanverfilmungen innerhalb der öffentlich-rechtlichen Krimireihe: Drehbuchautor Sven Freiheit adaptierte für „Tod im Elefantenhaus“ Peter Weissflogs gleichnamigen Roman aus dem Jahre 1982. Regisseur Peter Schadewald („Verlierer“) inszenierte den Fall von August bis Oktober 1986, die Erstausstrahlung erfolgte am 20. April 1987. Schadewald debütierte damit beim „Tatort“, führte auch bei der nächsten Hamburger Episode „Voll auf Haß“ Regie, verabschiedete sich im Anschluss aber wieder aus der Serie.
„In Indien hat man Verräter so hingerichtet.“
Rolf Bergmann (Raimund Harmstorf, „Der Seewolf“) ist der Inspektor des berühmten Hamburger Tierparks Hagenbeck und wird eines Tages in der Box der Elefantenkuh Mogli aufgefunden – totgetrampelt unter dem Gewicht des Tiers. Offenbar ein Mord, wie die Kommissare Stoever und Brockmöller schnell herausfinden. Dass Bergmann ein Choleriker war, den kaum jemand leiden konnte, macht es der Kripo alles andere als leicht, steigt dadurch doch die Zahl möglicher Motive und somit potentieller Täterinnen oder Täter. Zum einen wäre da David Weber (Ben Becker, „Whopper-Punch 777“), Sohn des Tierarztes Dr. Heinz Weber (Peter Bongartz, „Ein Stück Himmel“), der eine Liaison mit Bergmanns Tochter Inga (Kerstin Draeger, „Sturmflut“) hat, die Bergmann nicht guthieß – weshalb es kurz vor dessen Tod zu einer harten körperlichen Auseinandersetzung zwischen ihm und David kam. Davids Vater wiederum hatte Bergmann dessen Verlobte Dr. Christine Lohnert (Hannelore Elsner, „Die Teufelsschlucht der wilden Wölfe“) ausgespannt. Und Buchhalter Albert Liehr (Franz Rudnick, „Libero“) wurde von Bergmann wegen Unregelmäßigkeiten in den Büchern unter Druck gesetzt. Tatsächlich hat Liehr eine höhere Summe veruntreut. Stoever und Brockmöller sehen sich genau im Tierpark um und versuchen, im Dialog zu so viel wie möglich über Bergmann und sein ehemaliges soziales Umfeld herauszufinden, um so vielleicht den Fall zu lösen…
„Das ist Mord!“
Welch ein Ensemble! Zu den oben Genannten gesellt sich noch Evelyn Hamann („Loriot“) als Sekretärin des Buchhalters dazu. Bei der Besetzung dieses „Tatorts“ wurde geklotzt, nicht gekleckert. Raimund Harmstorf als Rolf Bergmann erscheint zunächst gar nicht unsympathisch, als er einen Abend mit seiner Tochter verbringen möchte, was sich jedoch schnell ändert: Er hat Ärger mit dem Tierarzt und mit so ziemlich allen anderen auch. Die zarte Romanze, die sich zwischen seiner Tochter und David entwickelt, wird jäh zerstört, als er sie beim Vorspiel im Stroh erwischt, sogar Ingas Brust blitzt kurz auf. Er sieht rot und prügelt auf David ein, der sich zur Wehr sitzen muss. Schnitt. Rolf Bergmann liegt tot im Elefantenhaus, gefunden von den Tierpfleger Walter Pohle (Bruno Dallansky, parallel Oberinspektor des Wiener „Tatorts“-Zweigs!) und Max Steiner (Manfred Günther, „Bolwieser“), Stoever und Brockmöller ermitteln. Das Whodunit? wird früh scheinbar aufgelöst, doch diese Finte riecht man zehn Meter gegen den Wind. Dafür erfährt man, dass Ekel Bergmann sogar den Elefenten misshandelt hatte, der ihn letztlich totgetrampelt hat – ein nettes Spielchen mit dem Konzept des Karmas.
Während Buchhalter Liehr verzweifelt das Geld aufzutreiben versucht, wird der Verdacht immer stärker auf ihn gelenkt, zumal seine amourös an ihm Interessierte Sekretärin ihm mehr oder weniger signalisiert, Bescheid zu wissen, ihn aber schützen zu wollen (wunderbar gespielt von Hamann). Wir bekommen viele Tiere zu Gesicht und nach einer Verfolgungsjagd per pedes landet Brockmöller im Löwengehege. Angeschossen wird er auch, wenn auch lediglich mit Narkosemunition. Wie derartige Besonderheiten eines Tierparkbetriebs mit der Krimihandlung verwoben werden, ist ziemlich unterhaltsam. Die Kamera agiert recht konventionell, wartet aber mit einer schönen Kamerafahrt am Krankenhaus entlang auf. Gegen Ende erhält „Tod im Elefantenhaus“ wie aus dem Nichts eine melodramatische Komponente und damit verbunden einen weiteren Tatverdächtigen und ein neues Motiv, was in dieser Unmotiviertheit dann leider ein wenig an Schundromane erinnert (ohne Weissflogs Vorlage zu unterstellen, einer zu sein – ich habe sie nicht gelesen).
Seine Besetzung wertet diesen kurzweiligen Fall auf, der weniger ernstzunehmender Krimi denn vielmehr reißerisches Hagenbecks-Tierpark-Feature ist.
Bullen im Tierpark
„Ich kann diese ganzen akademischen Klugscheißer nicht ab!“
Der sechste Einsatz des Hamburger Ermittlerduos Stoever (Manfred Krug) / Brockmöller (Charles Brauer) ist einer der seltenen Fälle von Romanverfilmungen innerhalb der öffentlich-rechtlichen Krimireihe: Drehbuchautor Sven Freiheit adaptierte für „Tod im Elefantenhaus“ Peter Weissflogs gleichnamigen Roman aus dem Jahre 1982. Regisseur Peter Schadewald („Verlierer“) inszenierte den Fall von August bis Oktober 1986, die Erstausstrahlung erfolgte am 20. April 1987. Schadewald debütierte damit beim „Tatort“, führte auch bei der nächsten Hamburger Episode „Voll auf Haß“ Regie, verabschiedete sich im Anschluss aber wieder aus der Serie.
„In Indien hat man Verräter so hingerichtet.“
Rolf Bergmann (Raimund Harmstorf, „Der Seewolf“) ist der Inspektor des berühmten Hamburger Tierparks Hagenbeck und wird eines Tages in der Box der Elefantenkuh Mogli aufgefunden – totgetrampelt unter dem Gewicht des Tiers. Offenbar ein Mord, wie die Kommissare Stoever und Brockmöller schnell herausfinden. Dass Bergmann ein Choleriker war, den kaum jemand leiden konnte, macht es der Kripo alles andere als leicht, steigt dadurch doch die Zahl möglicher Motive und somit potentieller Täterinnen oder Täter. Zum einen wäre da David Weber (Ben Becker, „Whopper-Punch 777“), Sohn des Tierarztes Dr. Heinz Weber (Peter Bongartz, „Ein Stück Himmel“), der eine Liaison mit Bergmanns Tochter Inga (Kerstin Draeger, „Sturmflut“) hat, die Bergmann nicht guthieß – weshalb es kurz vor dessen Tod zu einer harten körperlichen Auseinandersetzung zwischen ihm und David kam. Davids Vater wiederum hatte Bergmann dessen Verlobte Dr. Christine Lohnert (Hannelore Elsner, „Die Teufelsschlucht der wilden Wölfe“) ausgespannt. Und Buchhalter Albert Liehr (Franz Rudnick, „Libero“) wurde von Bergmann wegen Unregelmäßigkeiten in den Büchern unter Druck gesetzt. Tatsächlich hat Liehr eine höhere Summe veruntreut. Stoever und Brockmöller sehen sich genau im Tierpark um und versuchen, im Dialog zu so viel wie möglich über Bergmann und sein ehemaliges soziales Umfeld herauszufinden, um so vielleicht den Fall zu lösen…
„Das ist Mord!“
Welch ein Ensemble! Zu den oben Genannten gesellt sich noch Evelyn Hamann („Loriot“) als Sekretärin des Buchhalters dazu. Bei der Besetzung dieses „Tatorts“ wurde geklotzt, nicht gekleckert. Raimund Harmstorf als Rolf Bergmann erscheint zunächst gar nicht unsympathisch, als er einen Abend mit seiner Tochter verbringen möchte, was sich jedoch schnell ändert: Er hat Ärger mit dem Tierarzt und mit so ziemlich allen anderen auch. Die zarte Romanze, die sich zwischen seiner Tochter und David entwickelt, wird jäh zerstört, als er sie beim Vorspiel im Stroh erwischt, sogar Ingas Brust blitzt kurz auf. Er sieht rot und prügelt auf David ein, der sich zur Wehr sitzen muss. Schnitt. Rolf Bergmann liegt tot im Elefantenhaus, gefunden von den Tierpfleger Walter Pohle (Bruno Dallansky, parallel Oberinspektor des Wiener „Tatorts“-Zweigs!) und Max Steiner (Manfred Günther, „Bolwieser“), Stoever und Brockmöller ermitteln. Das Whodunit? wird früh scheinbar aufgelöst, doch diese Finte riecht man zehn Meter gegen den Wind. Dafür erfährt man, dass Ekel Bergmann sogar den Elefenten misshandelt hatte, der ihn letztlich totgetrampelt hat – ein nettes Spielchen mit dem Konzept des Karmas.
Während Buchhalter Liehr verzweifelt das Geld aufzutreiben versucht, wird der Verdacht immer stärker auf ihn gelenkt, zumal seine amourös an ihm Interessierte Sekretärin ihm mehr oder weniger signalisiert, Bescheid zu wissen, ihn aber schützen zu wollen (wunderbar gespielt von Hamann). Wir bekommen viele Tiere zu Gesicht und nach einer Verfolgungsjagd per pedes landet Brockmöller im Löwengehege. Angeschossen wird er auch, wenn auch lediglich mit Narkosemunition. Wie derartige Besonderheiten eines Tierparkbetriebs mit der Krimihandlung verwoben werden, ist ziemlich unterhaltsam. Die Kamera agiert recht konventionell, wartet aber mit einer schönen Kamerafahrt am Krankenhaus entlang auf. Gegen Ende erhält „Tod im Elefantenhaus“ wie aus dem Nichts eine melodramatische Komponente und damit verbunden einen weiteren Tatverdächtigen und ein neues Motiv, was in dieser Unmotiviertheit dann leider ein wenig an Schundromane erinnert (ohne Weissflogs Vorlage zu unterstellen, einer zu sein – ich habe sie nicht gelesen).
Seine Besetzung wertet diesen kurzweiligen Fall auf, der weniger ernstzunehmender Krimi denn vielmehr reißerisches Hagenbecks-Tierpark-Feature ist.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Diese Filme sind züchisch krank!