Rang De Basanti - Die Farbe Safran - Rakesh Omprakash Mehra (2006)

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Maulwurf
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Rang De Basanti - Die Farbe Safran - Rakesh Omprakash Mehra (2006)

Beitrag von Maulwurf »

 
Rang De Basanti - Die Farbe Safran
Rang De Basanti
Indien 2006
Regie: Rakesh Omprakash Mehra
Aamir Khan, Siddharth, Kunal Kapoor, Sharman Joshi, Atul Kulkarni, Soha Ali Khan, Madhavan, Waheeda Rehman, Anupam Kher, Om Puri, Kiron Kher, Lekh Tandon


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OFDB
Der Fritzcarraldo hat mir kürzlich mit der Besprechung zu RRR richtig Lust gemacht den zu sehen. Wie ich finde eine gute Gelegenheit, den einzigen Bollywood-Film meines Lebens vorzustellen, bei dem ich ähnlich begeistert war (und bin) wie Fritz es bei RRR war. Nach der Erstsichtung vor mittlerweile sechs Jahren schrieb ich dieses:
Maulwurf hat geschrieben: Mein erster Bollywood-Streifen!!!! Die englische Journalistin Sue will vor Ort das Leben einiger indischer Revolutionäre aus den 20er-Jahren verfilmen. Zusammen mit indischen Freunden macht sie sich an die Arbeit, aber für die Kumpels ist Party wichtiger als Filmarbeit, und so gestaltet sich das alles etwas schwierig. Erst allmählich wachsen die Darsteller in ihre Rollen hinein, was zu einem sehr starken Film im Film führt. Als durch ein Unglück einer aus der Clique, ein Soldat, stirbt, und das Unglück seitens korrupter Politiker unter den Tisch gekehrt werden soll, vermischen sich Film und Realität: Die Freunde identifizieren sich mit ihren Filmrollen und beginnen Politik zu machen. Mit der Waffe in der Hand …

Bollywood. Er liebt sie, sie liebt ihn, sie brauchen mindestens 3 Stunden um das rauszubekommen, es gibt entsetzlich viel Tanzerei und Singsang, und das Ganze ist dann auch noch furchtbar gefühlsduselig. In RANG DE BASANTI wird auch getanzt und gesungen, aber es ist größtenteils gut in die Handlung integriert und passt eigentlich recht gut. Gefühlsdusel gibt es jede Menge, zusammen mit unglaublich viel Pathos, aber auch das ist erträglich (meine Tränendrüsen protestieren hier allerdings, die haben das Pathos vor allem gegen Ende anders empfunden – Erheblich bitterer und tragischer als das hier so lapidar klingen mag). Was es aber auch gibt ist einiges an Politik, an Kritik aktueller Zustände (wie etwa der allgegenwärtigen Korruption oder der Polizeigewalt), an Rebellion - und über allem ein unendlich gelöstes und angenehmes Flair. Der Film ist, zumindest bis zur Intermission, wie ein langer Urlaubstrip: Leicht und schokoflockig, und doch können die Bilder des safran-eingefärbten Film-im-Films immer wieder Akzente setzen, können immer wieder beeindrucken und für Spannung sorgen. Der zweite Teil kommt dann schon ernster und trauriger rüber, und die Bilder des Spielfilms zeigen Bilder aus der indischen Kolonialvergangenheit: Grausame Folter, Erschießungen, brutale Willkür, der Versuch Menschen zu zerbrechen, Hinrichtungen, aber auch viel Pathos (hah, da ist es wieder) und eine gehörige Portion Liebe zum eigenen Land. Was zwar bei deutschen Kritikern meistens nicht so gut ankommt, aber für mein Empfinden sehr glaubhaft und vernünftig vermittelt wird. Wem das nicht gefällt, der soll erstmal in einem Land unter der Diktatur einer fremden Militärmacht leben … Die Schauspieler sind absolut umwerfend, und im Nachhinein stelle ich fest, dass RANG DE BASANTI sich tiefer in den Kopf gesetzt hat als ich ursprünglich dachte. Trotz einiger Vereinfachungen ein toller Film, der tatsächlich Spaß macht und dabei das Hirn nicht vergisst. Und Soha Ali Khan ist wirklich umwerfend schön …!
Sechs Jahre später sind immer noch Bilder dieses Films im Kopf. Der Rave auf dem Tempelgelände ist mitsamt seiner leichten und einladenden Atmosphäre jederzeit abrufbar und lädt immer noch zum Träumen und Dabeisein ein, genauso wie das abgrundtief bittere Ende immer noch gegenwärtig ist. Nach wie vor ist RANG DE BASANTI mein einziger Bollywood-Film geblieben, wobei, den Kritiken nach, RRR aus dem Jahr 2022 in eine ganz ähnliche Richtung zu gehen scheint und sehr interessant klingt. RANG DE BASANTI jedenfalls ist nicht das „klassische“ Bollywood-Kino das man sich erwartet, sondern auch aus der zeitlichen Distanz heraus großes und packendes Erzählkino mit allem was Film so in sich hat. Große Empfehlung!

8/10
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