One Nite in Mongkok - Derek Yee Tung-Sing (2004)

Moderator: jogiwan

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Onkel Joe
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One Nite in Mongkok - Derek Yee Tung-Sing (2004)

Beitrag von Onkel Joe »

One Nite in Mogkok - Nacht der Entscheidung

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Originaltitel: Wong gok hak yau
Herstellungsland: Hongkong / 2004
Regie: Derek Yee Tung-Sing
Darsteller: Cecilia Cheung, Daniel Wu, Alex Fong, Chin Kar-Lok, Lam Suet, Ken Wong, Anson Leung und Lam Chi-Kok.

Story: Heiligabend in Mongkok, dem Armenviertel von Hongkong und bevölkerungseichsten Ort der Welt. Lai Fu (Daniel Wu) kommt aus der Provinz nach Mongkok um einen Job zu erledigen.In einem Hotel hilft er der Prostituierten Dan (Cecilia Cheung) aus der Patsche, die von ihrem Zuhälter bedroht wird. Lai Fu verprügelt ihn kurzentschlossen und haut mit Dan ab.Doch Lai Fu steckt jetzt bis zum Hals in Problemen.
Wer tanzen will, muss die Musik bezahlen!
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horror1966
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Re: One Nite in Mongkok - Derek Yee Tung-Sing

Beitrag von horror1966 »

Hong Kong, Mongkok: Der bevölkerungsreichste Ort der Welt, Schauplatz einer atemlosen "Cops vs. Robbers"-Jagd. Als der Sohn eines Gangsterbosses getötet wird, soll ein Killer die Schuldigen ermorden. Die Polizei versucht ihn aufzuhalten und gleichzeitig einen Bandenkrieg zu verhindern. Zusammen mit einer Prostituierten taucht der Killer im nächtlichen Dschungel unter. Der Moloch Mongkok wird zur tödlichen Falle, die Hitze der Nacht färbt sich blutrot...


Aufgrund der Inhaltsangabe könnte man schnell zu der Auffassung gelangen, das es sich hier um einen reinen, sehr rasanten Actionfilm handeln könnte, doch hier trügt der Schein etwas. Die Action hält sich in diesem erstklassigen Thriller/Drama eher im Hintergrund, was jetzt aber nicht bedeuten soll, das es gar keine Action zu sehen gibt. Doch eigentlich wird hier die Geschichte eines Killers erzählt, der eigentlich gar keiner sein will und ganz nebenbei wohl einer der sympathischsten Killer ist, der jemals in einem Film dargestellt wurde.

Im Vordergrund der Geschichte steht Lai-fu, der eigentlich ein herzensguter Mensch ist, aber trotzdem einen Mordauftrag annimmt. Eher durch Zufall lernt er die Prostituierte Dan kennen und hilft ihr gegen ihren brutalen Zuhälter, nichtsahnend, das er damit sein eigenes Schicksal besiegelt hat. Auf seiner Flucht vor der Polizei entwickelt sich zwischen ihm und Dan so etwas wie eine echte freundschaft, die allerdings nicht von langer Dauer ist.

Regisseur Tung-Shing Yee ist es hier meisterlich gelungen, vor allem die beiden Hauptcharaktere Lai-Fu (Daniel Wu) und Dan (Cecilia Cheung) in den Vordergrund zu stellen und die sich entwickelnde Freundschaft der beiden zu beleuchten. Dabei wurde aber zu keiner Zeit der eigentliche Kern der Story ausser acht gelassen, nämlich die Flucht der beiden durch das nächtliche Mongkok. Immer wissend, das ihnen die Polizei im Nacken sitzt, kommen sich die beiden auf platonischer Ebene extrem nah und erfahren so innerhalb kürzester Zeit sehr viel voneinander. Gerade diese passagen des Films sind es, die das Geschehen sehr menschlich und auch teils emotional darstellen. Das liegt auch in erster Linie an den sehr guten schauspielleistungen, die hier abgeliefert werden und so den Film noch einmal zusätzlich aufwerten.

Der tragische Anteil des Films kommt ganz besonders zum Ende hin zum Ausdruck und verleiht dem Ganzen einen wirklich dramatischen Beigeschmack. Auch als Zuschauer fühlt man sich irgendwie in die Geschichte involviert, da man gerade zu den Hauptcharakteren eine ziemlich starke Bindung aufgebaut hat. So ist es auch nicht weiter verwunderlich, das besonders die letzten Minuten Spuren hinterlassen und man sich betroffen fühlt und richtiggehend mitleidet. Denn obwohl das Ende vorhersehbar war, da praktisch alles darauf hingedeutet hat, so muss man den Schlußakkord doch erst einmal verdauen.

"One Nite in Mongkok" bietet ein sehr emotionales und unter die Haut gehendes Thriller/Drama, das einen nachhaltigen Eindruck hinterlässt. Erstklassige Darsteller, eine sehr spannende Geschichte und eine sehr beklemmende Grundstimmung sorgen dafür, das einem hier ein tolles Filmerlebnis präsentiert wird, das man auch durchaus als emotiaonale Millieu-Studie bezeichnen kann. Ein absolut sehenswerter Film, den man gesehen haben sollte.


7/10
Big Brother is watching you
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Maulwurf
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Re: One Nite in Mongkok - Derek Yee Tung-Sing

Beitrag von Maulwurf »

Harter und abwechslungsreicher Cops and Thugs-Vertreter, der an einem der am dichtesten bevölkerten Punkte der Erde spielt (130.000 Menschen pro Quadratkilometer!). Ein Bandenkrieg in Mongkok entwickelt sich mit rasender Geschwindigkeit, und einer der Bandenbosse engagiert über einen Mittelsmann einen Killer, der dem gegnerischen Bandenboss das Licht ausblasen soll. Doch der Mittelsmann wird von der Polizei überzeugt, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Da aber dieser Mann auch nicht seinen Kopf verlieren möchte, muss er den Killer ins offene Messer rennen lassen. So weit so gut, bloß: Dieser Killer ist erheblich klüger als der Mittelsmann, und vor allem als die Polizei, die inmitten dieser Menschenmassen versucht so viel Unruhe wie möglich zu stiften, in der Hoffnung dass irgendwas passiert.
Ja, es passiert etwas. Es passiert sehr viel. Viel Blut, viel Gewalt, aber auch viel Gefühl. Liebe genauso wie Hass. Großes HK-Actionkino, das einigen Bezug zum Festland enthält, und mit seinen aufmarschierenden Polizeihundertschaften gänsehauterzeugende Parallelen in Bezug auf das Ende der HK-Demokratie beinhaltet. Oder kurz: Einfach ein geiler und absolut sehenswerter Film!!
Was ist die Hölle? Ein Augenblick, in dem man hätte aufpassen sollen, aber es nicht getan hat. Das ist die Hölle ...
Jack Grimaldi
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Maulwurf
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Re: One Nite in Mongkok - Derek Yee Tung-Sing (2004)

Beitrag von Maulwurf »

 
One Nite in Mongkok - Nacht der Entscheidung
Wong Gok Hak Yau
Hongkong 2004
Regie: Derek Yee Tung-Sing
Cecilia Cheung, Daniel Wu, Alex Fong, Chin Kar-Lok, Lam Suet, Ken Wong, Anson Leung, Lam Chi-Kok, Ng Shui-Ting, Cynthia Ho Mo-Si, Sam Lee, Lawrence Lau Sek-Yin


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OFDB

Mongkok ist ein Stadtteil von Hongkong, und einer der am dichtest besiedelten Plätze der Welt. 130.000 Menschen leben hier auf einem Quadratkilometer! Und mitten in diesem Moloch von Straßen, Plätzen und Menschen kommt es zu einem Streit zwischen zwei Straßenverkäufern, die sich beim Anpreisen gefälschter Rolex gegenseitig fertigmachen. Der Streit eskaliert, und binnen kürzester Zeit tobt ein brutaler Bandenkrieg zwischen Tim und Carl. Zwei Bossen, die sogar zusammen zur Schule gingen, und eigentlich mal Freunde waren …
Bandenkrieg in Mongkok also. Carl beauftragt Liu, Tim umlegen zu lassen, und Liu wiederum beauftragt den armen Schlucker Fu Lai mit dem Job. Die beiden kommen aus demselben Dorf, und so etwas verpflichtet. Doch Liu wird von der Polizei in Gestalt von Inspektor Milo unter Druck gesetzt. Um seinen Kopf zu retten verrät Liu seinen eigenen Mann an die Polizei, und um seinen Kopf wiederum nicht zu verlieren, versucht er gleichzeitig den Job durchzuführen. Inspektor Milo wiederum hat das Problem, dass er den Bezirk Mongkok zu durchkämmen hat auf der Suche nach Carl, Tim und einem unbekannten Killer. Also nimmt er ein paar Hundertschaften Bereitschaftspolizei und mischt alles auf was sich nicht rechtzeitig verstecken kann. Fu Lai freundet sich derweil mit einer Hure an, Dan-Dan, denn er braucht einen Guide in dieser großen Stadt. Fu Lai kann nicht lesen, nicht einmal Straßenschilder. Durch die Sache mit Dan-Dan bekommt er allerdings ihren Zuhälter Walter auf den Hals, der es weder lustig fand, dass Fu Lai ihm die Nutte weggenommen hat, noch dass er im Zuge dieser Aktion fürchterlich zusammengedroschen wurde.

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Das Szenario eines leseunkundigen Killers in einer fremden Stadt wird zwei Jahre später von Soi Cheang in DOG BITE DOG – WIE RÄUDIGE HUNDE noch einmal aufgegriffen werden, und dort wird es eine düstere Apokalypse in Müll-Dur sein. DOG BITE DOG wird die kompromisslose Version von MONGKOK sein, was aber diesen Vorgängerfilm beileibe nicht schlechter macht. Nur anders. Denn MONGKOK weicht filmisch und narrativ vom Standard der meisten HK-Actioner-Stangenware deutlich ab: Was zu Beginn fast wie ein Fake-Documentary von Sion Sono aussieht, mit Wackelkamera, ungestalten Kamerapositionen und sehr viel Authentizität, wechselt bald mal zu einem Großstadtdrama, dann wieder zu einer angedeuteten Liebesromanze, und zum Schluss hin zu einem bösen, düsteren und ultrabrutalen Gangsterflick, bei dem mehr Menschen auf der Strecke bleiben als man sich vorstellen kann. Auch der Blickwinkel der Geschichte ändert sich immer wieder – Mal stehen Fu Lai und Dan-Dan im Mittelpunkt, um dann urplötzlich von einer Nebenhandlung um Milo abgelöst zu werden, und dann wieder zu Liu zu wechseln. Auch wer das Mädchen ist, das zu Beginn auf so schreckliche Weise im Auto verbrennt, wird erst sehr spät aufgeklärt, aber auch dieser Erzählstrang wird auf stimmige Weise zu einem Ende gebracht, genauso wie der Erzählstrang um Ben, den jungen Polizisten, der seit zwei Tagen im Team ist, und in seinem kurzen Berufsleben bereits zwei Menschen erschossen hat. Gelegentlich hat es leichte Anflüge von HK-typischem Humor (der Informant Shitty Kong etwa kann nicht wirklich ernst genommen werden, obwohl er für die Fortführung der Story eminent wichtig ist), und vor allem Dan-Dan nervt über lange Strecken hinweg mit ihrer hysterischen Art und ihrer quäkigen Stimme. Dagegen stehen dann Szenen heftigster Brutalität, genauso wie Momente hauchzarter Zuneigung

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In MONGKOK steckt viel italienisches Genrekino aus der besten Zeit. Milo kämpft zwar gegen das Verbrechen, aber sein wahrer Feind ist eigentlich der Vorgesetzte, der seine Arbeit behindert oder in den Schmutz zieht wo es nur geht. Die Bandenkriminalität auf den Straßen steht Filmen wie CAMORRA (oder zeitlich passender SUBURRA) in nichts nach, und die Brutalität erinnert an SYNDIKAT DES GRAUENS. Das Ende hommagiert dann wiederum John Woos THE KILLER, ohne dabei aber peinlich zu wirken. MONGKOK ist düsteres und dreckiges Großstadtkino. Ein gelungener Versuch, das HK-Kino nach der Vereinnahmung durch die chinesische Filmindustrie am Leben zu halten. Und ein verdammt aufregender Trip in eine blutige Hölle, der sich seine vielen Auszeichnungen sehr wohl verdient hat.

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8/10
Was ist die Hölle? Ein Augenblick, in dem man hätte aufpassen sollen, aber es nicht getan hat. Das ist die Hölle ...
Jack Grimaldi
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