Exte: Hair Extensions - Shion Sono (2007)

Moderator: jogiwan

Benutzeravatar
Adalmar
Beiträge: 7120
Registriert: Do 12. Mai 2011, 19:41

Re: Exte: Hair Extensions - Shion Sono (2007)

Beitrag von Adalmar »

Ich finde, dass deine Rezension Sonos Stil ganz treffend wiedergibt, auch wenn die Begeisterung bei dir noch nicht ganz geweckt scheint. Vielleicht ergibt es sich ja mal, dass du dir Strange Circus anschaust, der hat mich wirklich ziemlich umgehauen. Ist aber genretechnisch ähnlich unberechenbar wie Exte oder noch weniger berechenbar.
Bild
Benutzeravatar
buxtebrawler
Forum Admin
Beiträge: 38557
Registriert: Mo 14. Dez 2009, 23:13
Wohnort: Wo der Hund mit dem Schwanz bellt.
Kontaktdaten:

Re: Exte: Hair Extensions - Shion Sono (2007)

Beitrag von buxtebrawler »

Adalmar hat geschrieben:Ich finde, dass deine Rezension Sonos Stil ganz treffend wiedergibt, auch wenn die Begeisterung bei dir noch nicht ganz geweckt scheint. Vielleicht ergibt es sich ja mal, dass du dir Strange Circus anschaust, der hat mich wirklich ziemlich umgehauen. Ist aber genretechnisch ähnlich unberechenbar wie Exte oder noch weniger berechenbar.
Abgeneigt bin ich nicht ;)
So richtig neugierig momentan aber auch (noch) nicht. Aber kommt Zeit, kommt Unrat :D
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
Benutzeravatar
Maulwurf
Beiträge: 2728
Registriert: Mo 12. Okt 2020, 18:11
Wohnort: Im finsteren Tal

Re: Exte: Hair Extensions - Shion Sono (2007)

Beitrag von Maulwurf »

Japan-Horror mit Haaren? Ja, auch, aber noch viel mehr. Sion Sono wäre nicht er selbst, wenn er nicht auch noch ein Drama und ein Coming-of-Age einbauen, Kindesmisshandlung und Fetischismus thematisieren, und das ganze mit einer dünnen Schicht grimmigen Humors übergießen würde. Eine Tote, Opfer einer Organverpflanzung, die an einen Haarfetischisten gerät der sich in sie verliebt, und mit dessen Hilfe sie sich an der Menschheit rächen kann. Ihre Haare, als Extensions an die Köpfe junger Mädchen gebracht, töten ihre Trägerinnen auf grausame Art. Die angehende Stylistin Yuko heftet ihrer kleinen Nichte eine Extension an, ohne zu ahnen, wieviel Bosheit und Hass in so einer Haarsträhne stecken kann.
Nicht so abgefahren und Over-the-Top wie die anderen Filme von Sono, die bislang gesehen habe. Erzählerisch wesentlich gradliniger und filmisch näher am Mainstream, steckt hier der Wahnsinn dicht unter der vertraut wirkenden Oberfläche. Sono dekonstruiert die Horrorfilme seiner Kollegen und macht seine eigene sehenswerte Show daraus.
Was ist die Hölle? Ein Augenblick, in dem man hätte aufpassen sollen, aber es nicht getan hat. Das ist die Hölle ...
Jack Grimaldi
Benutzeravatar
Maulwurf
Beiträge: 2728
Registriert: Mo 12. Okt 2020, 18:11
Wohnort: Im finsteren Tal

Re: Exte: Hair Extensions - Shion Sono (2007)

Beitrag von Maulwurf »

(Und das gleiche noch mal mit anderen Worten ...)

Exte: Hair Extensions
Ekusute
Japan 2007
Regie: Sion Sono
Chiaki Kuriyama, Ren Ôsugi, Megumi Sato, Tsugumi, Eri Machimoto, Miku Sato, Mirai Yamamoto, Yuna Natsuo, Ken Mitsuishi, Tetsushi Tanaka, Yoshikazu Ebisu, Erika Mine


Exte - Hair Extensions.jpg
Exte - Hair Extensions.jpg (173.22 KiB) 140 mal betrachtet
OFDB

Irgendwo habe ich mal gelesen, dass die Japaner so einen Fetisch mit ihren Haaren haben. Dass sie auf schöne und lange Haare stehen und so etwas sehr bewundern, und in japanischen Horrorfilmen fällt ja auch immer wieder auf, dass das Grauen eigenartig oft mit Haaren einhergeht.

EXTE kann da als Beispiel, als Satire und als Hommage in einem stehen. Am Hafen werden Container voller Menschenhaar gefunden – Und eine Mädchenleiche. Bei der Obduktion der Leiche verliebt sich der hochgradig fetischisierte Gerichtsmediziner (oder sowas ähnliches) Yamazaki in die Leiche, stiehlt sie, und nimmt sie mit nach Hause. Dort fängt das Haar des toten Mädchens an wie wild zu wachsen – Nicht nur aus dem kahlgeschorenen Kopf, sondern auch aus Augen, Mund, und überhaupt allen Körperöffnungen. Und mit wie wild zu wachsen meine ich wahre Kaskaden an dichtem, schwarzem Haar, das alles bedeckt. Yamazaki freut sich, sein Fetisch sind eben Haare. Schnell realisiert er, dass die Tote schlechte Laune hat, und dass ihre Haare töten können. Also nimmt er ein paar Stränge Totenhaar, besucht die Schönheitssalons der Stadt, und bietet diese Stränge als Hair Extensions an. Hier kommt die eigentliche Hauptfigur ins Spiel, die angehende Stylistin Yuko Mizushima, die mit ihrer Freundin Yuki zusammen ein kleines Appartement bewohnt und regelmäßig üblen Ärger mit ihrer Schwester hat, die wiederum die eigene kleine Tochter Mamita bei Yuko abstellt. Yuko heftet für eine Prüfung ihrer Nichte eine dieser Extensions an, ohne zu wissen, dass die Haare nur eine Aufgabe haben: Ihren Träger auf grausamste Weise ins Jenseits zu befördern …

Bild Bild

Klingt wild? Ist wild! EXTE ist aber nicht nur ein typischer Japan-Horror der möglicherweise etwas haarigen Art. Quasi im Wash-and-Go werden auch noch Strähnchen wie Coming-of-Age und Drama gestreift, Kindesmisshandlung und Fetischismus thematisiert, und das ganze wird toupiert mit einem wahrlich grimmigen und bemerkenswerten Humor. Trotz seiner, für Sion Sono-Verhältnisse fast konservativ zu nennenden Haartracht, surft Sono durch die Narration wie eine wildgewordene Pippi-Langstrumpf-Frisur. Die Erzählperspektive bleibt zwar größtenteils bei Yuko, kaschiert das aber sehr geschickt, so dass sich vor dem Auge (also quasi unter dem Pony) des Zuschauers viele verschiedene Haarstränge auftun, die sich erst allmählich zu einem Zopf vereinigen und ein großes Ganzes ergeben. Die Rolle des durchgeknallten Yamazaki bleibt sehr lange im Unklaren, genauso wie der Sinn der Subhandlung um Mamita sich erst gegen Ende entflechtet. Aber bis dahin hat man sich von dem dichten Lockengewirr der Geschichte und den Bildern der hübschen Frisuren längst gefangen nehmen lassen und freut sich, dass es Filmemacher wie Sion Sono überhaupt gibt. Schwere Empfehlung für alle, die sich an Japan-Horror längst eine Glatze gesehen haben und denken, dass sie alle möglichen Farbschattierungen bereits kennen …

Bild Bild

Bild Bild

8/10
Was ist die Hölle? Ein Augenblick, in dem man hätte aufpassen sollen, aber es nicht getan hat. Das ist die Hölle ...
Jack Grimaldi
Antworten