Frankensteins Sohn
Son of Frankenstein
USA 1939
Regie: Rowland V. Lee
Basil Rathbone, Boris Karloff, Bela Lugosi, Lionel Atwill, Josephine Hutchinson, Donnie Dunagan, Emma Dunn, Edgar Norton, Perry Ivins, Lawrence Grant, Lionel Belmore, Michael Mark, Caroline Frances Cooke, Gustav von Seyffertitz, Lorimer Johnston, Tom Ricketts, Ed Cassidy
OFDB
Son of Frankenstein
USA 1939
Regie: Rowland V. Lee
Basil Rathbone, Boris Karloff, Bela Lugosi, Lionel Atwill, Josephine Hutchinson, Donnie Dunagan, Emma Dunn, Edgar Norton, Perry Ivins, Lawrence Grant, Lionel Belmore, Michael Mark, Caroline Frances Cooke, Gustav von Seyffertitz, Lorimer Johnston, Tom Ricketts, Ed Cassidy
OFDB
Eine Handlung, die irgendwie merkwürdig bekannt vorkommt: Ein naher Anverwandter des berüchtigten Baron von Frankenstein, in diesem Fall, wer hätte es gedacht, der Sohn, kommt an die Wirkungsstätte seines Vorbildes, wundert sich ein wenig über die Abneigung die ihm entgegenschlägt, findet das Labors des großen Vorbildes, beginnt zu experimentieren, und entfesselt die Hölle auf Erden. In diesem vorliegenden Fall, welch seltsamer Zufall, durch die Wiedererweckung des berüchtigten Monsters.
Die Geschichte ist tatsächlich genauso platt wie sich liest, und die Charaktere schrammen öfters mal haarscharf an Karikaturen ihrer selbst entlang. Basil Rathbones permanent enthusiastisches Oberklassenenglisch stellenweise ist nachgerade fast peinlich. Bela Lugosi als Ygor hat einige extrem faszinierende Szenen (man achte auf seine Mimik wenn er Flöte spielt – Jeder Ton hat ein anderes, ein eigenes Gesicht), wirkt aber anderseits in so manchem Moment fast ein wenig wie der nette Handelsvertreter für Genickstarre von nebenan. Und wenn Inspektor Krogh sich die Dartpfeile mit steinerner Miene kurzerhand in seinen Holzarm steckt ist die Grenze zur Persiflage schon fast überschritten. Auf der andere Seite stimmt die Chemie zwischen Boris Karloff als Monster und Bela Lugosi, und nur so sind die gelegentlich etwas pathetischen Du bist mein bester Freund und ich lasse es nicht zu dass Dir etwas passiert-Szenen zu ertragen. Vielleicht ist das Problem auch einfach nur, dass seit FRANKENSTEINS SOHN mittlerweile über 80 Jahre vergangen sind. 80 Jahre voller Nachahmungen, Hommagen und Parodien, in denen gerade dieser Film längst in die Popkultur eingegangen ist. Was dazu führt, dass man sich aus heutiger(!) Sicht oft schwertut damit, die Gesichter Basil Rathbones und Gene Wilders aus FRANKENSTEIN JUNIOR auseinanderzuhalten. Womit selbst bessere Filme von vornherein zum Scheitern verurteilt sind, wenn die eigenen Parodien das Original überflügeln …
Doch da sind diese Bilder, diese unglaublich schöne und wildromantische Fotografie! Chef-Kameramann George Robinson kannte ich bislang nur von Arbeiten wie TÖDLICHE STRAHLEN oder DER HENKER VON LONDON, außerdem hat er bei einigen Abbott und Costello-Filmen mitgearbeitet und war gerade bei der von FRANKENSTEINS SOHN losgetretenen, zweiten großen Horrorwelle der frühen 40er-Jahre ein vielbeschäftigter Mann. Was der Mann in diesem Film mit Licht und Schatten zaubert nimmt einige der kommenden Noir-Schmuckstücke vorweg, und verweist selbst den (fast) unübertreffbaren DIE STUNDE, WENN DRACULA KOMMT Mario Bavas auf die Plätze. Wenn die Familie Frankenstein nach einer langen und anstrengenden Reise das erste Mal in ihr neues Heim kommt, sehen sie sich einer expressionistischen Innenarchitektur gegenüber, die einen Scheiß gibt auf Proportionen oder rechte Winkel. Treppen laufen nicht zwangsläufig geradlinig in die Höhe, und die meisten Gänge bestehen aus einem schwarzen Nichts, bekleidet nur mit einem knappen Hauch von Licht, in dem sich unfassbare Silhouetten abgründig bewegen. Der von H.P. Lovecraft verwendete Begriff der non-euklidischen Geometrie ist mir öfters einmal durch den Kopf gegangen: In diesem, über kochenden Schwefelquellen gebauten (wo denn auch sonst?), Labyrinth aus Laboratorien befinden sich Geheimgänge, die scheinbar alle Zimmer des Schlosses miteinander verbinden, und in einem Esszimmer, welches nur aus zwei gigantischen Drachenköpfen und einem dazwischen stehenden Esstisch besteht, in diesem monumentalen architektonischen Alptraum eines größenwahnsinnigen Drogenabhängigen, da geht die schwache und im Grunde überflüssige Story einfach unter wie ein Stein und wird von diesen großartigen Bildern überstrahlt. Jeder, der sich auch nur ein klein wenig Herz für schwarze Romantik bewahrt hat, wird sich in FRANKENSTEINS SOHN verlieben. Wird sich an Bela Lugosi erinnern, wie er hinter einer zerbrochenen Scheibe eine traurige Melodie auf einer großen Flöte spielt und damit das Monster durch eine wie tot aussehende Welt fernsteuert. Wird Inspektor Krogh in sein Herz schließen, der Stanley Kubricks Dr. Seltsam mehr als 20 Jahre vorwegnahm. Und der eine merkwürdige Freundschaft zu diesem Oberklassenengländer namens Frankenstein pflegt, welcher kaum merklich und doch unaufhörlich in den Wahnsinn abgleitet. Und er wird darüber grübeln, wie die Einrichtung der eigenen Zweizimmerwohnung wohl ein wenig umgestaltet werden könnte (Tipp: Carl Reiners DER MANN MIT ZWEI GEHIRNEN gibt in dieser Richtung wertvolle Hinweise!).
Gotisches Prachtkino zwischen Lächerlichkeit und großartiger Romantik! Schwere Empfehlung …
7/10